Autor: Jens K. Carl
Illustrator: Jens K. Carl
Altersempfehlung: ab 6 Jahren.
Ingeborg Löffler aus Bad Langensalza,
einer guten Freundin.
Morgel und die RiesenameiseStille herrscht weit und breit im Morgelwald. Früh am Morgen, wenn die ersten Sonnenstrahlen den Waldboden mit wohliger Wärme überziehen, erwacht rundherum um einen uralten Erdhügel allmählich das Leben. Zahlreiche winzige Hinweisschilder mit der Aufschrift: ›Hier gebieten die Königinnen der Kamete. Betreten verboten!‹, weisen die Bewohner des Morgelwaldes darauf hin, dass in diesem majestätisch anmutenden Bauwerk ein emsiges Insektenvolk sein Zuhause hat und unter keinen Umständen bei der Arbeit gestört werden will. Gut drei Meter misst der Insektenhaufen im Durchmesser und er dürfte gut einhundertfünfzig Zentimeter hoch sein. Eine quirlige GemeinschaftEs ist ein stolzes und großes Volk. Es nennt sich das Quelltalameisenvolk. Genau genommen sind es drei Völker, die gleich von drei Königinnen in friedlicher Nachbarschaft regiert werden. Oberkönigin Kamete die Erste führt den nordnordöstlichen Teil des Ameisenstaates an. Ihre Tochter Kamete die Zweite ist die Mittelkönigin des südsüdwestlichen Abschnittes und Kamete die Vierzehnte ist die Tochter der Tochter und führt den Dritten, den westnordwestlichen Staat an. Der Ameisenbau erwuchs abseits der Wege. Zu jener Zeit gab es nur wenige Trampelpfade durch den Wald, auf denen Fremdlinge, wie etwa Mönche aus dem nahegelegenen Kloster, Waldarbeiter, Handwerker oder Wanderer aus den angrenzenden Siedlungen entlangliefen. Es gab kaum Schneisen im Unterholz, auf denen die Reiter der Landgrafen zwischen der Wallburg und der Schowingburg durch den Wald trabten. Und es gab schon gar keine breiten Wege, auf denen ein von Ochsen oder Pferden gezogenes Fuhrwerk hätte entlangfahren können. Man vermochte also von jeher ungestört und friedlich dem täglichen Treiben und Streben nachzugehen. Heutzutage jedoch ist es vorbei mit der Ruhe, denn nun führen ein befestigter Fahrweg und ein Wanderpfad dicht am Ameisenbau vorüber. Dauerlärm ist tagsüber angesagt und hin und wieder lässt eines der vorbeifahrenden Eisengefährte das enorme Bauwerk der Quelltalameisen in seinen Grundfesten erschüttern. Und so kommt es, wie es kommen muss. Ein Unglück naht. |
»Och, ja, das wird ein wahrlich schöner Tag. Zum Glück war heute Nacht alles friedlich«, rekelt sich Mittelwächterin Wamyra zur Ersten, Nummer 63 und streckt ihre sechs Beine von sich. »Gleich ist Wachwechsel. Wach auf Wamyra zur Ersten, Nummer 681, bevor dich die Oberwächterin beim Pennen erwischt.« »Ja, ja, lass die mal schnaufen«, stammelt Unterwächterin Wamyra zur Ersten, Nummer 681 leise vor sich hin. »Ich freue mich auf mein Bettchen. Es gibt nichts Langweiligeres, als Nacht für Nacht Wache zu schieben. Wozu nur das Ganze? Seit Hunderten von Jahren ist hier nicht die Bohne passiert.« »Achtung! Zum Wachwechsel angetreten«, befiehlt Oberwächterin Wamyra zur Ersten, Nummer 6. »Aber zack zack!« Im Inneren des Ameisenbaues geht es hektisch und laut zu. Es ist feucht und stickig. Emsig sind die vielen Arbeiterinnen auf allen Etagen am Werkeln. In dem einen Gang sind Stützbalken auszubessern, in einem anderen ist der Weg von Schutt und Müll freizuräumen, in einem dritten Stollen betten die Ammen ihre Brut um. »Aus dem Weg! Aus dem Weg!«, ruft Oberspäherin Smaura zur Ersten, Nummer 4 und flitzt an den Wächterinnen vorbei nach draußen. Wie auf einen Bindfaden gereiht, schreiten ihr unzählige Mittelspäherinnen, Unterspäherinnen und Hilfsspäherinnen, ausgerüstet mit Ferngläsern und Funksprechgeräten, im Laufschritt hinterher. |
»Boah, ist das eine Schufterei«, beschwert sich Hilfsbauarbeiterin Bmeiso zur Ersten, Nummer 2567. »Und wofür das Ganze. Mir tut schon arg der Rücken weh.« »Denkmalschutz, meine Liebe, Denkmalschutz!«, antwortet Mittelbauarbeiterin Bmeiso zur Ersten, Nummer 27. »Immerhin ist die Bude fast tausend Jahre alt.« »Eben, das meinte ich ja«, gibt Bmeiso zur Ersten, Nummer 2567 zu bedenken. »Warum bauen wir nicht eine neue Unterkunft? Dieses ewige Ausbessern und Reparieren sind doch öde, anstrengend und komplett für die Katz.« »Quatscht hier nicht rum und macht eure Arbeit«, zischt Oberbauarbeiterin Bmeiso zur Ersten, Nummer 2 ihre Bauarbeiterinnen an. »Ihr seid zum Schaffen und nicht zum Denken da.« Plötzlich bebt die Erde. Es rumpelt und wackelt, dass sich die Balken biegen. Hier und da prasseln Erdklumpen aus der Decke und versperren die Gänge. Sekunden später ist es auch schon wieder vorbei. Auf Ebene minus achtzehn räumen die Ammen hastig die Ameiseneier und Larven zurück in die Brutschränke, die bei dem Beben herausgefallen sind. Unterdes graben unzählige Bauarbeiterinnen die Wege frei und stützen die baufälligen Bereiche wieder mit Holzbalken ab. »Was war das?«, fragt Hilfsträgerin Tmüra zur Ersten, Nummer 5745 die Oberträgerin. »So etwas habe ich ja noch nie erlebt.« Ein schauriges UnglückSchon wieder fängt der Boden an zu zittern. Diesmal sind das Rumpeln und Wackeln noch viel heftiger als beim letzten Mal. Unter lautstarkem Getöse stürzen allerorts ganze Sektionen des Ameisenbaues in sich zusammen. Tausende Soldatenameisen stürmen sogleich an die Oberfläche, um dort für Ordnung und Sicherheit zu sorgen und einen möglichen Angriff von wem auch immer abzuwehren. Die Ameisenspäherinnen rufen über Funk um Hilfe und warnen vor dem weiteren Einsturz des Baues. »Achtung, Achtung! Dieses Eisengefährt kommt direkt auf uns zugerollt«, warnt Oberspäherin Smaura zur Ersten, Nummer 4 zur Tür des Nordostflügels hinein. Das riesige eiserne Ungetüm rollt rappelnd und tosend rückwärts ins dichte Unterholz hinein und geradewegs auf den Ameisenbau zu. Unzählige Soldatinnen stellen sich den Gummirädern mit Speeren und Lanzen entgegen. Vergebens. Sie können das Eisengefährt nicht aufhalten. Auch das Versprühen brennender Ameisensäure tut dem Gefährt nichts an. Quietschend und knarrend rollt das Fahrzeug auf den Erdhügel zu und knallt mit voller Wucht gegen den Baumstumpf, der im Inneren des Ameisenbaues verborgen ist und bringt so das gesamte Bauwerk zum Einsturz. Die Hinterachse drückt den Stumpf der Jahrtausende alten Eiche, welcher das Dach des metertiefen Baues bildet, weit in den Boden hinein. Ebene für Ebene, Sektion für Sektion brechen in sich zusammen. Das lockere Erdreich rieselt in die Tiefe und legt so das morsche Wurzelwerk des Eichenstumpfes frei. Willi, der Fahrer des Eisengefährtes, hatte doch glatt vergessen, die Handbremse anzuziehen, bevor er ausgestiegen war, um einen großen Stein vom Waldweg zu räumen. Ungläubig musste der dickbäuchige Mann mit roter Knollennase und grauem schütterem Haar zuschauen, wie sein kleiner Kipper rückwärts davonrollte. Er rannte noch hinterher, doch seine Kräfte ließen schnell nach und so konnte er das Fahrzeug nicht mehr aufhalten. Später versucht Willi, sein Gefährt wieder aus dem Loch herauszufahren. Vor, zurück, vor, zurück. Immer tiefer wühlen sich die Räder in den weichen Waldboden hinein. Es gelingt ihm nicht. Er steigt aus und beäugt den Schaden, den er angerichtet hat. Das Fahrwerk hat sich mit dem Baumstumpf verkeilt. Die Hinterachse steckt am Rand des rund drei Meter tiefen Loches fest und das Erdreich wird nur noch von einigen dickeren Wurzeln gehalten. Zudem hat sich ein dünner Ast in den Dieseltank gebohrt. Ein geordnetes ChaosDie Kunde vom Unglück macht schnell im Morgelwald die Runde. Hastig kommen der Waldkobold Morgel, Lehrer Dachs, der kleine Bär Dinco und Fuchs Lothar vom Hocksloch angebraust und schauen geschockt in den riesigen Krater, wo früher der gigantische Ameisenbau aus dem Boden ragte. |
Mittlerweile sind auch die Bache Wilma und ihre Frischlinge Ben, Ken und Molli eingetroffen und alle vier helfen sofort mit. Waldkauz Schröder, die Spatzen Fridolin und Sparky erkunden das Gelände, wo sich ein geeigneter Platz einrichten lässt, auf dem sich alle versammeln können, und wo ein Lazarett errichtet werden kann. Die Eichhörnchen Tammy und Yammy tragen frisches Blattwerk herbei, auf dem die Verletzten versorgt werden können. Alle arbeiten wie eine eingespielte Mannschaft Hand in Hand zusammen. Geschrei, Hilferufe und Wehklagen der verunglückten Ameisen sind aus dem Loch zu hören. Ein immenses Gewusel spielt sich am Grund der Grube ab. Es scheint, als würde dort unten das reinste Chaos herrschen, doch wer genauer hinschaut, entdeckt einen ausgeklügelten Rettungsplan hinter dem Geschehen. Jede einzelne der Millionen Ameisen, die in diesem Bau wohnen, folgt instinktiv ihrer Aufgabe, räumt Schutt beiseite, rettet Artgenossinnen oder ist an der Bergung der Bruteier, Larven und Puppen beteiligt. Auch die Vorräte für den nächsten Winter werden geborgen und emsig aus dem Loch gehievt. Ein auserwählter Trupp aus Ameisenmännchen, Oberbauarbeiterinnen, Obersoldatinnen und Oberwächterinnen gräbt bis zur Erschöpfung nach den Königinnen. Emsig errichten Bauarbeiterinnen zusammen mit den Ammen ein kleines Lazarett und kümmern sich dort um ihre verletzten Artverwandten. Auch Kamete die Erste wird hier versorgt. Es kommt auf jede Sekunde an. Wenige Augenblicke später sind die zwei im Treppenhaus der nahegelegenen Klinik angekommen. Willi liegt bewusstlos am Boden. Morgel bleibt unsichtbar, da Schritte auf den Treppen zu hören sind. Ein störrisches EisendingNoch immer versuchen Dachs und Karlo, das Eisengefährt aus dem Loch zu ziehen, doch es rührt sich keinen Millimeter vom Fleck. »Riesenameise, Dieselameise, Waldameise, da krieg ich doch gleich eine Meise. Wer kann denn da noch durchblicken? … So, wie es aussieht, wollte dieses eiserne Ameisending wieder nach Hause zu Mami. Hopphopp!«, feixt Dinco. »Nur ist sie etwas zu groß gewachsen für ihr altes Kinderzimmer. Hihi! Hopphopp!« »Wie fährt man so eine Dieselameise fort?«, möchte Morgel wissen. Kaum hat Dinco ausgesprochen, dreht Morgel am Starterhebel. Die Dieselameise bäumt sich plötzlich auf, hüpft nach vorn und der Motor macht einen kurzen lauten Seufzer. Auf der Ladefläche scheppert es. Die Fahrertür schlägt von allein zu. Eine schwarze, stinkende Rauchwolke breitet sich rundherum aus. Paschinka, der direkt vor dem Auspuffrohr steht, muss husten: »Hrr-Hmm! Hrr-Hmm!« Sein Gesicht ist plötzlich voller Ruß und schwarz wie die Nacht. Morgel wiederholt den Vorgang und drückt den Hebel bis zum Anschlag durch. Erst quietscht der Anlasser vor sich hin und auf einmal blubbert der Motor langsam los. Dinco erinnert sich noch schnell, dass man das rechte Pedal, das Gaspedal, durchdrücken muss und setzt sich mit seinem Po direkt darauf. Erst zischt und gluckst es, dann macht es blubb … blubb … blubb und klopf … klopf … klopf. Der Motor kommt allmählich auf Touren und um die Ameise herum steigt eine schwarze stinkende Qualmwolke auf. Vor lauter Nebel um sie herum sehen sie nicht, dass sich der Kipper Stück für Stück hebt. Erst als die Sicht langsam wieder frei wird, das Werkzeug auf der Ladefläche ins Rutschen kommt und laut gegen die hintere Bordwand knallt, bemerken sie das Malheur. Dinco hält sich an der Lenksäule fest und stemmt sich mit dem linken Fuß gegen das Kupplungspedal, während Morgel den ersten Gang einlegt. Dann lässt er das Pedal langsam los und tritt mit dem rechten Fuß auf das Gaspedal. Der Motor stöhnt kurz auf und bleibt mit einem Schlag stehen. Die Dieselameise schüttelt sich. Morgel lässt die Dieselameise erneut an und legt den ersten Gang ein. Dinco nimmt vorsichtig seine Pfote von der Kupplung und tritt so fest er nur kann auf das Gaspedal. Die Hinterräder drehen zuerst kurz durch. Der Motor ächzt. Papp … papp … papp. Allmählich setzt sich das Gefährt in Bewegung und rattert hüpfend und klappernd zurück auf den Waldweg. Nur mit allergrößter Mühe kann Morgel das Lenkrad festhalten. Die Dieselameise rüttelt und schüttelt sich. Sie holpert über einen großen Stein. Genau den, den Willi zuvor von der Fahrbahn räumen wollte. Das Lenkrad reißt nach rechts und schwuppdiwupp landet das Gefährt im gegenüberliegenden Waldweggraben. Es scheppert und kracht. Dann ist es still. Geschunden und zum Glück nur leicht verletzt grabbeln Dinco und Morgel aus dem Fahrerhaus. »Was machen wir mit dem Loch im Tank?«, fragt Lehrer Dachs besorgt. »Die stinkende Plörre versickert mehr und mehr im Waldboden.« »Das mit der Rettung der Dieselameise hätten wir einfacher und schneller haben können«, bemerkt der Dachs. »Du brauchtest das Ding nur wegzuzaubern.« Ein kolossales RettungskommandoUnermüdlich graben Tausende von Bauarbeiterinnen, Soldatinnen und Wächterinnen nach der vermissten Mittelkönigin Kamete die Zweite. Noch immer gibt es kein Lebenszeichen von ihr. An ihrem angestammten Platz im südsüdwestlich gelegenen Thronsaal ist sie nicht aufzufinden. Offenbar hat sie sich während des Erdbebens in einer der vielen entlegenen Kammern in Sicherheit bringen wollen. Unterdes herrscht am Lazarett reges Treiben. Riesige Berge an Essensvorräten, Ameiseneiern, Larven und Puppen türmen sich auf dem Vorplatz auf. Es ist kaum ein Durchkommen zwischen den gestrandeten Ameisenmassen. Die Mitglieder des Ältestenrates der Gemeinschaft am Komstkochsteich sitzen mit den obdachlos gewordenen Königinnen Kamete die Erste und Kamete die Vierzehnte zusammen. Sie beratschlagen, wo auf die Schnelle eine neue Unterkunft gebaut und wo ein vorübergehendes Lager aufgeschlagen werden kann. Die Zeit drängt, denn der Herbst naht, und es drohen Unwetter mit Sturm und Regen. Einige Späherinnen geben plötzlich Alarm. Auf dem Vorplatz kommt Unruhe auf unter den Ameisen. Prunkvoll geschmückt und mit viel Trara trabt eine Truppe wildfremder Waldameisen heran. Es sind Soldatinnen des Hohewurzelameisenvolkes. Inmitten des Trecks schleppen zwanzig Hilfsträgerinnen eine nahe Verwandte der beiden Königinnen auf einer Sänfte herbei. Königin Kamete die Neunte, eine Tochter der Kamete der Ersten, macht ihre Aufwartung. Vor vielen Jahren sagte sich ebendiese von ihrer Mutter los und gründete als Oberkönigin ihren eigenen Ameisenstaat in der Nähe der Hohen Wurzel unweit der Wurzelhöhle. Sie befehligt ein sehr junges und kleines Volk und deren Ameisenbau ist im Vergleich zum eingestürzten, gedrungen und mickrig. |
»Geliebte Mutter!«, herzt Kamete die Neunte ihre Erzeugerin. »Es tut mir ja so leid, was euch passiert ist. Gleich nachdem ich von dem Unglück erfahren hatte, eilte ich los, um die Hilfe meines Volkes anzubieten.« »Kamete, meine liebe Tochter, es ist wahrlich ein Segen, dass du heute hierhergekommen bist«, freut sich Kamete die Erste. »Das Quelltalameisenvolk weiß nun nicht wohin und ich bin mir nicht sicher, ob ich noch die Stärke aufbringen kann, von vorne anzufangen. Ich bin nicht mehr die Jüngste und meine Kräfte lassen nach.« »Auch wenn wir damals im Streit auseinander-gegangen waren, müssen wir in der Not zusammenhalten und unsere Zwistigkeiten beilegen«, ist Kamete die Neunte bereit. »Ich kann mich auf den Kopf stellen, ich weiß nicht mehr, welchen Anlass es für die Streitigkeiten gab«, gibt die Mutter zu. »Lass uns bitte wieder Freundinnen sein.« »Auch dir einen lieben Gruß, geliebte Nichte«, grüßt Kamete die Neunte, Kamete die Vierzehnte. »Ihr könnt beide der Unterstützung durch mein Volk gewiss sein. Aber wo ist meine Schwester Kamete die Zweite? Ist ihr etwas zugestoßen?« »Sie wird noch immer vermisst«, bricht Kamete die Erste in Tränen aus. »Wir müssen das Schlimmste befürchten.« »Man sollte die Hoffnung nicht aufgeben«, ist Esmeralda, die Kreuzspinne, sich sicher. »Es ist noch nicht aller Tage Abend. Es kann ja noch ein Wunder geschehen.« Am Krater bricht mit einem Mal Jubel und lautes Freudengeschrei aus. Regina, die Waldfee, und eine Untersoldatin sind auf einen Spalt zwischen gebrochenen Stützbalken gestoßen und inmitten dieses Schuttes ist der Leib der Mittelkönigin Kamete der Zweiten zu erkennen. Vorsichtig entfernen die umstehenden Ameisen Erdkrumen für Erdkrumen, Stein für Stein und Holzbalken für Holzbalken. »Sie lebt!«, ruft Oberwächterin Wamyra zur Ersten, Nummer 6, den Königinnen, die oben am Kraterrand mitfiebern, zu. »Sie lebt! Schnell ihr Trägerinnen, fasst mit an und seid vorsichtig.« Unter lauten Freudenrufen wird die Mittelkönigin von zahlreichen Trägerinnen und Ameisenmännchen aus der Grube gehievt, ins Lazarett getragen und sogleich auf Verletzungen untersucht. Wehklagen und Raunen geht durch die Menge. Das Wehklagen weicht überschwänglichen Jubelschreien. Freudig und überglücklich liegen sich die Ameisen in den Armen. »Sprich du nun zu unserem Volke, liebe Schwester, und teile ihnen mit, was jetzt zu tun sein wird«, übergibt Oberkönigin Kamete die Neunte das Wort an Oberkönigin Kamete die Zweite. Kaum hat die Oberkönigin ausgesprochen, beginnen die Soldatinnen damit, den Trägerinnen das Gepäck anzulegen. Als Erstes werden die Ameisenammen, die von Standeswegen nicht selbst laufen brauchen, abtransportiert. Dann folgt sogleich die Brut, bestehend aus Abertausenden von Ameiseneiern, Larven und Puppen. Zu guter Letzt sind die gesammelten Vorräte dran. »Der Nächste bitte«, ruft eine Soldatin aus der Masse heraus. Morgel, Esmeralda, Dachs und der Waldkauz sind zusammen mit Dinco, der die Königinnen auf seiner Pfote vor sich herträgt, zur Wurzelhöhle vorausgeeilt. Kaum, dass der Kobold vor die Tür getreten ist, braust ihm eine heftige Windböe entgegen. Nur mit Mühe behält er seinen Hut auf dem Kopf. Vor seinen Augen fliegen trockenes Laub, Äste und Zweige, ja sogar ganze Grasbatzen vorüber. Staub und Sand wirbeln hoch in der Luft und verdunkeln das Tageslicht. |
Auf jeder Seite des Hügels führt je ein breiter Gang ins Innere des Baues. Gut zweihundertfünfzig Ebenen, mit acht Thronsälen und zahlreichen Ammensektionen für die Brutaufzucht, Kantinen, Wohn- und Schlafräumen, sind über unzählige Stollen miteinander verbunden.
»Da staunt deinereiner«, ist Regina entzückt. »Geh und hole ihreeiner Majestätinnen heraus und präsentiere deren neues Heim.« »Ich bin überwältigt«, spricht Kamete die Erste. »Wie habt ihr das alles geschafft?« »Das war ein Tag«, seufzt Lehrer Dachs. »Was bin ich froh, dass dieses Unglück ein gutes Ende gefunden hat.« |
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Ich bin von den Morgelgeschichten sehr beeindruckt. Die Geschichten sind unterhaltsam, bieten viel Abwechslung, sind perfekt ausgearbeitet und es gibt viele Details und Überraschungen. Die Charaktere sind überaus interessant und es gibt viele Wendungen, die die Handlung sehr spannend machen. Ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen und musste immer weiterlesen. Alles in allem finde ich es sehr lehrreich und es gibt viele Lehren, die man daraus ziehen kann. Ich kann dieses Buch jedem empfehlen, die oder der Märchen lesen möchte.
Guten Morgen, eine schöne Abwechslung, die neue Woche mal mit einem Märchen zu beginnen. Kam bei mir noch nicht vor. Also, das Leben kann überraschend und spannend sein !!
Freundliche Grüße
Eine tolle Idee, die dafür sorgt, sich für einen Moment in eine andere Welt zu begeben, um das evtl. stressige Umfeld und die eigene Hasterei zu vergessen.
Vielen Dank!
Märchenhafte Heimatkunde.
»Riesenameise, Dieselameise, Waldameise, da krieg ich doch gleich eine Meise«, spricht Dinco, der kleine Zirkusbär.
Mein Dank gebührt meinem lieben Freund, dem Autor Herrn Jens K. Carl, der mir die siebte Morgelgeschichte „Morgel und die Riesenameise“ gewidmet hat. Ich hatte das große Glück, diese Geschichte um einen riesigen Ameisenbau und eine eiserne Riesenameise vorab lesen zu dürfen. Sie hat mir auf Anhieb gefallen.
Ich bekam nicht nur einen Einblick in das Leben eines Ameisenvolkes und seiner Königinnen, sondern ich erfuhr auch einiges über ein ganz reales Eisengefährt. Obendrein war ich Zeuge, wie die märchenhafte Gemeinschaft am Komstkochsteich, unter Leitung des Ältestenrates, eine kolossale Rettungsaktion organisiert.
Dieses Märchen ist kindgerecht geschrieben, aber wegen des Vorhandenseins eines gewissen Zahlenverständnisses, erst für Kinder ab einem Alter von sechs Jahren zum Selbstlesen geeignet. Bemerkenswert ist die bildhafte Sprache. Ich hatte zu jeder Zeit die Geschehnisse vor Augen. Drei wunderschöne Schwarz-Weiß-Schnitte unterstützen die kindliche Fantasie.