Morgel und die Abenteuer in der Waldschule (Teil 2 der Morgelgeschichten)

5
(52)


Bildinhalt: Morgelgeschichte 2 - Morgel und die Abenteuer in der Waldschule - Das Cover des gleichnahmigen elektronischen Buches - Vor einem grünen Hintergund posieren das Rehkitz, der Hund Paschinka, der Frischling Ken und die beiden Eichhörnchen Tammy und Yammy auf den Baumstümpfen der Waldschule.

Autor: Jens K. Carl
Illustrator: Jens K. Carl
Altersempfehlung: ab 4 Jahren
Kleine Reihe: Das Waisenkind
Fortsetzung in: Morgel und die Waldfee

Im Gedenken an:
Antony vom Leinetal, dem treuesten Gefährten
(*1993 – †2012).

Morgel und die Abenteuer in der Waldschule

»Ist heute nicht ein wunderschöner Morgen?«, fragt Lehrer Dachs den Waldkobold Morgel, als er den Vorhang vor dem Fenster zurückzieht. »Die Sonne scheint. Es ist warm und trocken. Da kann die Schule wieder losgehen. Endlich!«

Der Dachs ist bereits seit vielen Stunden auf, da er vor lauter Aufregung kaum ein Auge zu bekommen hat. Die halbe Nacht saß er am Tisch, bastelte eine neue Landkarte vom Morgelwald und bereitete sich auf die erste Unterrichtsstunde vor. Auch einen Spaziergang um den Komstkochsteich hat er schon unternommen und den Waldkauz Schröder an seinem Ausguck auf der Zaubertanne Albasol besucht.

»Da gebe ich dir recht. Draußen ist zauberhaftes Wetter. Lass uns ruhig früher loslaufen. Die Tierkinder haben sich bestimmt schon auf dem Schulplatz eingefunden«, antwortet Morgel.

Der Lehrer zieht seine blaue Weste über, klemmt eine braune Aktentasche unter den Arm und hängt sein Monokel um den Hals. Der Waldkobold schnappt sich die Landkarte und zusammen machen sich beide auf den Weg zur Waldschule.

Der erste Schultag

»Sechs Schulanfänger haben heute Schuleinführung und zwei Tierkinder wollen noch ein zweites Jahr am Unterricht teilnehmen. Also acht insgesamt«, erzählt der Kobold.
»Na, dann schauen wir doch mal, ob wirklich alle gekommen sind«, ist Lehrer Dachs gespannt. »Ich habe gestern schnell noch einige Leckereien für unsere Abc-Schützen an der Waldschule versteckt.«

Tatsächlich stehen schon alle Tierkinder mit ihren Eltern auf dem Schulplatz, der unweit der Dicken Eiche gelegen ist. Gekommen sind die Bache Wilma mit den Frischlingen Ben, Ken und Molli, die Ricke Gertrud mit dem Rehkitz und die beiden Eichhörnchengeschwister Tammy und Yammy. Alle tollen wild umher und freuen sich auf den allerersten Schultag.
Auch Fuchs Lothar vom Hocksloch und die Luchsin Lava wollen dieses Jahr noch ein zweites Mal zur Schule gehen. Man darf aber durchaus annehmen, dass die beiden eher aus lauter langer Weile am Unterricht teilnehmen, als wirklich etwas dazulernen zu wollen.

Die Schule findet allzeit im Freien statt. An einem im Unterholz gut versteckten Platz sind zehn Baumstümpfe im Kreis angeordnet, die als Schulbänke dienen. Neun kleine Stümpfe für die Schulkinder und ein breiter Stumpf als Lehrerpult. Ringsherum stehen allerlei Buchen, deren üppiges Blätterdach Schutz vor Wind und Regen bietet. Ein weiterer Ring aus dicht aneinander stehenden Farnen bewahrt die Schule vor Eindringlingen und fremden Blicken von außen.

Der Lehrer Dachs streicht sanft über einen Farnwedel. Wie von Zauberhand geführt, öffnet sich ein schmaler Pfad, welcher den Weg ins Innere der Waldschule freigibt.
»So, nun sucht sich jeder von euch einen Platz und ich möchte keinen Streit darum erleben«, ruft er den Tierkindern zu.
Die Kleinen springen sofort los, um einen der begehrten Baumstümpfe zu erhaschen.
Ben schubst Ken an und grunzt: »Rupp, Rupp! Das ist mein Platz!«
Ken erwidert: »Ben, ich sage es dir nur einmal! Hier sitze ich!«

Bildinhalt: Morgelgeschichte 2 - Morgel und die Abenteuer in der Waldschule - Lehrer Dachs unterricht das Rehkitz, die Eichhörnchen Tammy und Yammy, den Frischling Ken, die Luchsdame Lava und den Fuchs Lothar vom Hocksloch in der Waldschule mittels einer Landkarte, auf der die wichtigsten Orte des Morgelwaldes zu sehen sind.

Molli, deren Schwester, ermahnt die beiden: »Jetzt ist aber Ruhe hier! Nun setzt euch gefälligst hin!«
Tammy und Yammy hingegen streiten sich nie. Am liebsten möchten die beiden Eichhörnchen auf einem Baumstumpf zusammensitzen. Sie sind immer gut gelaunt. Wenn es passt, singen sie den ganzen Tag lang und spielen oft Fangen oder Verstecken.
Auch Lava und das Rehkitz finden ihre Plätze.
Lothar nimmt den Baumstumpf weit hinten. Er hat es nicht so mit dem Lernen und stört lieber hin und wieder mit vorlauten, flotten Sprüchen den Unterricht.
»Fertig?«, fragt der Dachs. »Guten Morgen, liebe Kinder.«
»Guten Morgen, Herr Lehrer. Guten Morgen, Herr Morgel«, rufen die Tierkinder im Chor.
Der Kobold nickt freundlich zurück und erwidert: »Danke, liebe Kinder. Ich wünsche euch einen schönen ersten Schultag.«
»Zuerst möchte ich die sechs Abc-Schützen herzlich in unserer Schulgemeinschaft begrüßen. Ihr werdet diesen Sommer vieles Neues dazulernen. Also seid immer schön wissbegierig und passt gut auf«, spricht der Lehrer Dachs in die Runde. »Ich freue mich sehr darüber, dass die beiden Zweitklässler freiwillig am Unterricht teilnehmen wollen. Seid alle herzlich willkommen. … So, nun stellt euch doch bitte nacheinander vor und sagt mir, was ihr einmal werden wollt. Du fängst an«, fügt er hinzu und zeigt mit seinem Zeigestock auf Ken.

»Meinen Sie mich, Herr Lehrer? … Noch bin ich ein Frischling und heiße Ken. Doch wenn ich einmal größer bin, werde ich ein Feuerwehrschwein und lösche die gefährlichsten Feuer hier im Wald.«
Alles lacht.
»Mein Name ist Ben. Ich werde mal ein wilder Keiler sein. So groß wie es mein Vater Karlo schon heute ist. Und dann erschnüffle ich, wie er, dicke, fette Trüffel hier im Wald.«
»Ich bin Molli. Die beiden sind meine Brüder«, sagt sie und zeigt dabei auf die Frischlinge Ben und Ken. »Ich muss mich um die zwei Strolche kümmern und später will ich selbst mal eine gute Bache sein.«
»Juchheirassassa! Wir beide sind Brüder«, singen die Eichhörnchenmännchen im Chor. »Ich bin Tammy. Und ich, Yammy. Wir müssen uns um uns selbst kümmern. Unsere Eltern sind vor einiger Zeit spurlos verschollen. … Ach, und wir wollen später berühmte Sänger werden«, fügen sie noch hinzu und stimmen gemeinsam ein Liedchen an: »Holleri und hollero, hopsasa und heisasa!«
»Also, ich heiße Rehkitz.«
»Das ist doch kein Name, du Dummerchen«, plappert der Fuchs dazwischen.
»Das ist sehr wohl ein Name, nämlich mein Name, und ich will einmal Lehrer werden. Ätsch!«, erwidert das Kitz und wackelt mit seinen Ohren hin und her.
»Ich möchte keinerlei Gezänk an meiner Schule. Das gilt besonders für dich, Lothar«, mahnt der Dachs, »und nun sage uns, was du einmal Gescheites werden willst.«
»Gestatten! Lothar vom Hocksloch ist mein werter Name. Ich bin hier der schlaueste, kräftigste und stolzeste Fuchs weit und breit«, tönt es aus ihm inbrünstig heraus. Er steigt auf den Baumstumpf, präsentiert seinen durchtrainierten Körper, schlägt sich mit der Pfote auf die Brust und wedelt dazu mit der rot-weißen, puscheligen Rute hin und her. »Nehmt euch also in Acht! Ihr werdet sicher einmal meinen Schutz benötigen!«
»Du Angeber, du! Komm wieder herunter. … Mein Name ist Lava. Ich bin seit Langem die erste eurasische Luchsin hier im Thüringer Land. Einzigartig und unschlagbar. Wer in Not ist und Hilfe braucht, ihr Kleinen, kommt zu mir. Aaaaoouuuuh!«

»Jetzt bin ich aber so richtig beeindruckt!«, ist vom Dachs zu hören. »Nun hattet ihr alle euren Spaß. Ich schlage vor, dass wir uns nun dem anstehenden Lehrstoff zuwenden. Zuerst verabschieden wir aber eure lieben Mütter. Auf Wiedersehen! Ich werde gut auf die Kleinen aufpassen.«
Die Tierkinder rufen alle zusammen: »Auf Wiedersehen!«
Die Bache Wilma und die Ricke Gertrud verlassen wortlos den Schulkreis und nicken ihren Kindern zum Abschied noch einmal zu.
»Ich werde euch noch ein wenig zuschauen, bevor ich gehe«, spricht der Kobold. »Vielleicht habt ihr ja noch Fragen an mich.«

»So sei es, dann kann es ja losgehen«, freut sich Lehrer Dachs und stellt seine neue hölzerne Landkarte neben dem Lehrerpult auf. »Lasst uns heute darüber sprechen, wo wir hier zuhause sind. An welchen Stellen ihr im Wald spielen oder spazieren gehen dürft und wohin ihr euch besser nicht verirren solltet. Was für Gefahren hier ringsum lauern könnten und warum ein Leben innerhalb der Gemeinschaft am Komstkochsteich für uns das Allerschönste auf der ganzen Welt ist. Ich habe für euch in den letzten Tagen diese Karte vom Morgelwald gebastelt.«

»Oooch, die ist aber schick«, freut sich Yammy.
»Wo ist denn die Schule auf der Karte zu sehen?«, fragt Tammy.
»Die Waldschule liegt hier, gleich bei der Dicken Eiche«, antwortet der Dachs und zeigt mit seinem Zeigestock auf die Karte, »und hier unten seht ihr die beiden Zaubertannen Albasol und Albamon. Gleich bei der Hohen Wurzel liegt des Herrn Morgels Wurzelhöhle, wo einige von euch wohnen, und etwas darunter ruht der Komstkochsteich.«
»Da habe ich doch gleich mal eine Frage«, ruft das Rehkitz aufgeregt dazwischen. »Warum heißt der komische Teich eigentlich Komstkochsteich?«
»Das ist wirklich eine gute Frage«, gibt der Dachs zu, denn der Dachs mag gute Fragen. Und er mag es auch, gute und lange Antworten darauf zu geben. Es ist ein kleines Geheimnis, aber es hat sich dennoch unter den Tierkindern herumgesprochen, dass sich der Herr Lehrer mit einer guten Frage schnell mal vom eigentlichen Lehrstoff abbringen und zu weitschweifigen Erzählungen hinreißen lässt. Und so kommt es, wie es kommen muss.

Der Dachs holt wortreich zur Antwort aus: »Nun, man erzählt sich, dass sich vor langer, langer Zeit ein Mensch, welcher auf einem prächtigen Pferd daher geritten kam, hier im Wald verirrte. Ihr müsst euch vorstellen, dass der Wald früher ganz anders aussah als heute. Er war dunkel und zum Fürchten … er war so dicht bewachsen, dass man seine eigene Pfote nicht vor Augen sah. Allerorts streifte gefährliches Getier umher. Zauberer, Hexen und Landstreicher sollen hier ihr Unwesen getrieben haben.«

Bildinhalt: Morgelgeschichte 2 - Morgel und die Abenteuer in der Waldschule - Zu sehen ist die Landkarte des Morgelwaldes mit Komstkochsteich und Wurzelhöhle.

Die düsteren Worte des Dachses lässt den Tierkindern das Blut in den Adern gefrieren. Angst macht sich in ihren Gesichtern breit. Schnell rücken sie dicht aneinander und hören dem Lehrer weiter gespannt zu.

»Es führten dereinst nur sehr schmale Pfade durchs Unterholz und so kam es, dass der Reiter vom Weg abkam. Sein Name war Ludwig der Eiserne. Es war der Thüringer Landgraf. Ein „Hohes Tier“ zu dieser Zeit. So wie unser Herr Morgel heute. Herr Morgel kannte den jungen Grafen sogar höchstpersönlich«, führt der Dachs aus. »Vielleicht möchtest du ja selbst weitererzählen.«

»Das kann ich gerne tun«, willigt der Waldkobold ein. »Es ist wahr, ich sah seinerzeit den Landgrafen des Öfteren hier im Wald. Er war damals noch recht jung, als er sich hier allein verirrte. Jedenfalls traf Ludwig völlig erschöpft und unterkühlt auf drei Holzbauern. Sie hießen Emanuel, Hans und Ruprecht. Deren Gesichter waren von der harten Arbeit gezeichnet, die Haare grau und die Rücken krumm. Ihr Lohn war karg und reichte kaum zum Leben, geschweige denn, um sesshaft zu werden. So zogen sie unentwegt durchs Land und boten hier und da ihre Dienste feil. Ihr gesamtes Hab und Gut bestand aus Hector, einem sechzehn Jahre alten Rückepferd, zwei Äxten und einer Trummsäge.
Die drei bereiteten gerade am Ufer des Teiches ihr Mittagessen zu. Komst köchelte da in ihrem Töpfchen vor sich hin.«

Bildinhalt: Morgelgeschichte 2 - Morgel und die Abenteuer in der Waldschule - Das Bild zeigt zwei Holzbauern beim Kochen von Komst am Lagerfeuer. Aus dem Dickicht tritt der Landgraf auf seinem edlen Roß heran und bittet um Schutz und Hilfe.

»Komst? Was ist das denn?«, fragt Ben sabbernd und magenknurrend nach. Immerhin hat er seit fast einer Stunde nichts mehr gefressen.
»Das ist saurer, mit Kümmel und Dill eingelegter Weißkohl«, antwortet der Dachs. »Heute sagen die Menschen Sauerkraut dazu. Ich persönlich esse so etwas eh nicht. Davon bekommt man Winde und man muss ständig flatulieren.«
»Also ich schon!«, wirft Morgel ein. »Komst war damals ein Hochgenuss und ist es noch heute.«
»Hahaha!«, lacht Molli laut los. »Sie meinten wohl pupsen? Dann ist Komst doch genau das Richtige für meine Brüder. Die furzen eh andauernd herum.«
»Das kann ich nur bestätigen«, ruft Lothar dazwischen und hält sich die Nase zu. »Hier hinten breitet sich schon wieder so eine übel riechende Wolke aus. Pfui!«
»Sei nicht so empfindlich!«, gibt Lava dem Fuchs zu verstehen. »Sonst steckst du ja auch überall deine Nase rein.«
»Jetzt wissen wir aber immer noch nicht, was der Teich mit Sauerkraut zu tun hat«, wirft das Rehkitz ein.
»Ruhe! Ich bitte um Disziplin. Beruhigt euch wieder!«, beschwichtigt der Dachs.

Morgel erzählt weiter: »Die Holzbauern boten ihrem Herrn einen Platz am wärmenden Lagerfeuer an, gaben ihm von ihrer Speise ab und versprachen ihm, ihn sicher zum Reinhardsbrunner Kloster zu geleiten. Ludwig nahm die Hilfe gerne an. Ihm schmeckte das Komst wohl so vorzüglich, dass er den Dreien die umliegenden Wälder, den Teich und die nahe gelegene Wiese zum Geschenk machte. Von dieser Zeit an sprach man nur noch vom Komstkochsteich und von einer Komstkochswiese, welche aber heute wieder bewaldet ist. Zu guter Letzt brachten sie den Landgrafen des Weges und führten ihn aus dem dichten Wald, sodass er unbeschadet ins Kloster gelangte.«

»Ich möchte auch so Komst?«, platzt es aus Ken heraus.
»Mit Komst kann ich nicht dienen, aber schaut doch einmal zwischen den Farnen und in den Ritzen eurer Baumstümpfe nach«, freut sich der Dachs. »Dort habe ich allerlei Leckereien versteckt. Lasst es euch schmecken.«
»Au ja, Hullern, Kaustangen, Eckern und Wurzelbrot mit Pflaumenmus«, jubelt Ken.
»Mmh, das schmeckt!«, schmatzt Ben drauflos.
»Wir machen für heute Schluss!«, ruft der Lehrer den Tierkindern noch zu.

Schnell ist die Furcht der Freude über die vielen schmackhaften Leckereien gewichen. Sie sind überglücklich, so rasch etwas Neues gelernt zu haben.
Die ersten Schultage sind geschwind vorüber. Die Kinder haben eine Menge Spaß am Lernen. Sie können es kaum abwarten, all die schönen Dinge in Wald und Flur kennenzulernen und zahlreiche Abenteuer zu erleben.
Am besten gefallen ihnen die Wandertage. Oft sind sie mit dem Dachs auf dem Geizenberg unterwegs und schauen den Menschenkindern beim Lernen und Spielen in der nahegelegenen Schule zu. Manchmal wandern sie auf dem Burgberg entlang und genießen vom Baldrichstein aus das Panorama über den Thüringer Wald bis hinüber zum Kleinen und zum Großen Inselsberg oder sie blicken von oben auf die Siedlungen der Menschen. Hin und wieder zieht es sie an die Teiche am Fuße des Striemelsbergs und manchmal sogar hinauf an den Otterbach. Nur in den dichten Wald bei der Finsteren Tanne wollen sie nicht so gerne wandern, denn da ist es dunkel und unheimlich.

Paschinka, der puschelige Findling

Als die Tierkinder eines Tages zusammen mit dem Lehrer Dachs unweit der Siebenbuchenbank Bucheckern, Eicheln und allerlei Waldfrüchte für den Unterricht sammeln, begegnet ihnen Antony vom Leinetal, ein West Highland Terrier.

»Hallo, Antony!«, begrüßt ihn der Lehrer. »Warst du wieder in der Menschensiedlung unterwegs?«
»Hallo, Dachs, hallo, Kinder«, grüßt der weiße Terrier freundlich zurück. »Ja, dort war ich. Eben besuchte ich den gutherzigen Opa Krauskopf. Er wird langsam vergesslich. Ich erinnere ihn daran, wieder leckeres Futter und frisches Wasser auf seiner Veranda abzustellen. Viele heimatlose Tiere, wie Katzen, Vögel, ja sogar Waschbären kommen hungrig zu ihm.«
»Und hast du auch wieder Fernsehen geschaut?«, möchte der Dachs noch wissen.
»Klar doch! Bei der liebenswürdigen Dame Hildegard kann man durchs Fenster heimlich zuschauen. Sie ist schwerhörig und dreht die Lautstärke ihres alten Fernsehapparates voll auf. Dann hört man alles bis nach draußen auf den Weg«, antwortet Antony. »Seit es diese Fernsehdinger gibt, erfahren wir aus erster Hand, was so los ist, außerhalb des Morgelwalds. Außerdem muss ich dem Morgel regelmäßig über die Neuigkeiten berichten. Leider ist es mir bis heute nicht gelungen, ihn davon zu überzeugen, so ein Fernsehding für unsere Wurzelhöhle anzuschaffen.«
»Ich werde das Thema in der nächsten Sitzung des Ältestenrates ansprechen. Vielleicht können wir ihn umstimmen«, verspricht der Dachs. »Dann wollen wir dich nicht länger aufhalten. Bestelle Herrn Morgel einen schönen Gruß von uns allen.«

Plötzlich spitzt Antony seine Ohren. Aus dem nahegelegenen Dickicht ist das leise Winseln eines Tieres zu hören. Es klingt so, als wäre es verletzt und in Not.

»Hörst du das auch?«, fragt Antony.
»Klar doch! Was kann das sein?«, antwortet der Dachs. Er geht einige Schritte auf das Dickicht zu und breitet das Geäst der Sträucher auseinander. Vor ihm sitzt ein kleiner, weißer Hundewelpe, nicht größer als ein Eichhörnchen. Er wurde an einer Birke angeleint. Der Welpe zittert vor Angst und weint sich fast die Augen aus.
»Oh, ist der süß, so süß«, ruft das Rehkitz und stolpert auf den Welpen mit den runden, schwarzen Knopfaugen zu. »Wie heißt du denn?«, möchte es wissen.
»Wuff! Wuff! Mein Name ist Paschinka. Ich bin hungrig und habe Durst.«

Bildinhalt: Morgelgeschichte 2 - Morgel und die Abenteuer in der Waldschule - Beim wandern treffen der Lehrer Dachs und das Rehkitz auf den Findling Paschinka, einen kleinen Welpen, der an einen Baum angebunden einsam und allein auf sein Herrchen wartet. Die Luchsin Lava und der Westi Antony vom Leinetal erkennen schnell, dass hier in Hund im Wald ausgesetzt wurde.

»Was ist dir zugestoßen und wie kommst du hierher?«, fragt der Dachs nach.
»Der junge Herr Tim war mit mir Gassi gegangen. Dann folgten uns zwei andere Buben, die mit Tim fangen spielten. Mich hat er so lange hier versteckt. Nun warte ich seither, dass mein Herrchen zurückkommt«, berichtet Paschinka aufgeregt.
»Wie lange ist das denn her?«, fragt Antony.
Wieder bricht der kleine Hund in Tränen aus und antwortet: »Ich warte hier bereits die ganze Nacht.«
»Schon seit gestern? Wie kann man dich nur vergessen?«, fragt das Rehkitz erstaunt in die Runde und fügt hinzu: »Was machen wir nun mit ihm? Wir können ihn doch nicht sich selbst überlassen.«
»Lasst mich nicht allein!«, fleht der Welpe das Kitz an.
»Purrs, Purrs!«, beruhigt der Dachs den Kleinen und löst die Leine vom Baum. »Du musst keine Angst haben. Wir kümmern uns um dich. Das Beste wird sein, Herr Antony bringt unseren Findling zu Herrn Morgel in die Wurzelhöhle. Der weiß sicher, was in einem solchen Fall zu tun ist.«
»Das wollte ich auch gerade vorschlagen. Dann mache ich mich gleich auf den Weg. Ade und viel Spaß euch allen. Wuff!«, bellt Antony und schnappt Paschinka sanft am Nacken, um ihn vor sich herzutragen.
»Och! Wir wollen auch mit zu Herrn Morgel«, rufen Tammy und Yammy Antony hinterher.
»Wir haben doch schon genügend Eicheln gesammelt«, nuschelt Ken laut schmatzend vor sich hin.
»Ach ja, da hast du wohl deine Gosche mit dem Korb verwechselt. Was? Ich kann deine dicken Hamsterbacken noch sehen«, schaut der Lehrer ihn mahnend an. »Na gut, wenn ihr wollt, dann schauen wir halt auch einmal an der Wurzelhöhle vorbei.«

Sodann machen sich alle gemeinsam auf den Weg zur Hohen Wurzel.

»Was macht ihr denn hier?«, ruft Morgel der Schulklasse entgegen, als diese lärmend an der Höhle ankommen. »Ich denke, ihr seid heute an der Siebenbuchenbank wandern und sammelt Beeren und Früchte.«
»Wir haben dort eine tolle Entdeckung gemacht. Schau hier, ein Paschinka«, ruft Molli schon von Weitem und zeigt dabei auf den Welpen.
»Wen habt ihr denn da mitgebracht? Das ist ein kleiner Hundewelpe«, ist der Kobold erstaunt.
»Der wurde von einem Menschenkind im Wald ausgesetzt«, antwortet Antony, nachdem er Paschinka vorsichtig vor der Höhle abgelegt hat. »Wenn ich diesen Tim erwische, aber dann …!«
»Was machen wir nur mit ihm?«, fragt Lehrer Dachs.
»Gute Frage. Na, er wird wohl erst einmal hierbleiben müssen, bis wir wissen, zu wem er gehört und warum man ihn im Wald ausgesetzt hat. Dieser Tim wird ihn doch sicher vermissen«, stellt Morgel fest und fasst sich an die Stirn. »Eyers-maners-duers, noch einmal!«
»Ich schlage vor, dass ich mich in der Siedlung umschaue. Womöglich kann ich herausfinden, wo dieser Tim steckt. Was hältst du davon?«, fragt Antony nach.
»Eine sehr gute Idee«, antwortet der Kobold.
»Dann mache ich mich gleich auf den Weg. Wuff!«, bellt der Terrier laut und flitzt sofort los.
Der Welpe schaut erstaunt dem Treiben der Tiere um sich herum zu. Vor lauter Scheu bekommt er kein Wort heraus.
»So, du heißt Paschinka. Du musst dich nicht fürchten. Hier tut dir niemand etwas zuleide. Ich schlage vor, wir zwei werden mal schauen, ob wir etwas Futter für dich finden. Sicher hast du auch Durst und baden solltest du unbedingt auch einmal«, spricht Morgel und führt den kleinen Welpen in die Wurzelhöhle hinein. »Wolltet ihr nicht wandern gehen?«, ruft er noch nach draußen.
»Stimmt!«, gibt der Dachs dem Kobold recht. »Der Unterricht ist noch lange nicht zu Ende. Auf gehts!«

Tim und der Morgelschwur

Stundenlang hat Antony vergebens in der Siedlung nach diesem Tim gesucht. Er ist alle Straßen und Plätze abgelaufen, hat in der Kaufhalle vorbeigeschaut und war auch an der Menschenschule unterwegs.
Er weiß weder, wie der Junge aussieht, noch, was er an Kleidung trägt. Lediglich Paschinkas Duft hat er in der Nase. Aber des Welpen Fährte ist nirgends zu erschnüffeln.
Insgeheim ist Antony sehr glücklich darüber, denn so muss Paschinka in der Wurzelhöhle bleiben. So kann er sich um den Welpen kümmern und ihn unter seine Fittiche nehmen. Endlich wartet mal eine richtige Aufgabe auf ihn, denkt er sich.

Auf dem Rückweg steigt dem Terrier dann doch noch Paschinkas Fährte in die Nase. Ein kleiner Menschenjunge flitzt hastig auf einem Fahrrad an der Siebenbuchenbank auf und ab und ruft unentwegt den Namen Paschinka.
Das muss Tim sein, denkt sich Antony und überlegt, wie er dem Jungen gehörig den Kopf zurechtrücken kann. Da kommt ihm eine Idee. Geschwind sucht er den Lehrer auf, der mit den Tierkindern noch immer auf der Kräuterwiese Beeren und Kräuter sammelt.
»Dachs! Dachs!«, ruft Antony. »Ich habe diesen Tim gefunden, der unseren Paschinka ausgesetzt hat.«
»Wirklich? Das ist ja prima. Wo ist er denn?«, möchte der Lehrer wissen.
»Im Birkenwäldchen da oben, da, wo wir den Welpen gefunden haben«, antwortet Antony. »Ich habe da eine Idee. Folge mir bitte, und bringe auch Lothar und Lava mit.«

Die vier machen sich auf den Weg ins Birkenwäldchen. Als sie dort ankommen, teilen sie sich in alle vier Richtungen auf und pirschen langsam und leise an Tim heran.

»Tim, wie kannst du den Paschinka hier allein zurücklassen?«, fragt Lothar knurrend aus dem Dickicht heraus.
»Tim, wie kannst du den Paschinka fast verdursten lassen?«, fügt Lava noch hinzu.
Der Junge erschrickt.
»Wer spricht denn da? Wo ist mein lieber Paschinka denn hin?«, fragt er ängstlich und verzweifelt.
»Tim, warum hast du den Paschinka hier ausgesetzt?«, möchte der Dachs wissen.
»Seid ihr Geister? Wer seid ihr? Das war doch keine Absicht. Ich bin doch krank gewesen. Ihr macht mir Angst!«, fleht der Junge die Unsichtbaren an. »Wo ist nur mein Paschinka hin?«
»Was hattest du für eine Krankheit?«, fragt Antony nach.
»Ich war unterzuckert und bin daher wohl in Ohnmacht gefallen!«, antwortet Tim und dreht sich im Kreis, um die Geister zu entdecken. »Wer möchte das wissen? Zeigt euch endlich!«
»Unterzuckert? Das habe ich ja noch nie gehört. Was soll das denn für ein Leiden sein?«, fragt der Fuchs noch nach. »Du veräppelst uns doch nur! Hier im Wald gibt es reichlich süße Früchte zum Naschen.«

Tim steigt vom Fahrrad, kauert sich an einen Baum, bricht in Tränen aus und jammert: »Ich möchte meinen kleinen Paschinka wiederhaben.«

»Genug!«, ruft Antony. »Es reicht!« Er gibt Lava, dem Dachs und Lothar ein Zeichen, dass sie sich zurückziehen sollen. Im selben Moment tritt der Terrier aus dem Gebüsch hervor, läuft auf Tim zu und spricht: »Sei nicht traurig. Dein Paschinka ist in Sicherheit. Es geht ihm gut.«
Tim erschrickt abermals und springt auf: »Du bist nicht mein Paschinka. Der ist viel kleiner. Wer bist du? Wieso kannst du sprechen?«
»Nein, ich bin nicht Paschinka. Mein Name ist Antony vom Leinetal. Ich bin ein Zauberhund.«
Tim reibt sich die Augen. »Wie bitte? Ich verstehe nicht. Ich glaube, ich träume.«

Bildinhalt: Morgelgeschichte 2 - Morgel und die Abenteuer in der Waldschule - Tim hat eine Unterredung mit dem Hund Antony vom Leinetal. Antony möchte wissen, warum Tim Paschinka im Wald ausgesetzt hat.

»Du träumst nicht. Wie gesagt, deinem Paschinka geht es gut«, beruhigt Antony den Jungen. »Setz dich und lass uns reden!«
Die beiden setzen sich zusammen auf einen alten Baumstamm, welcher am Wegesrand liegt.
Tim stützt seinen Kopf auf seine Hände und erzählt: »Die ganze Nacht habe ich an Paschinka denken müssen und gehofft, dass ihm nichts Schlimmes passiert ist.«
»Wieso hast du ihn hier zurückgelassen?«, fragt Antony.
»Ich hatte am Tag zuvor viel zu wenig gegessen und getrunken. Beim Herumtollen mit den anderen Jungs ist mir dann plötzlich übel geworden und man hat mich schnell ins Krankenhaus gebracht. Die Doktorin verordnete mir Bettruhe und so konnte ich die ganze Nacht nicht nach Hause und auch nicht nach Paschinka suchen.«
»Es war also keine Absicht von dir, den Hund hier auszusetzen und ihn sich selbst zu überlassen«, stellt Antony fest. »Stimmt das?«
»Genau! Niemals würde ich meinen lieben Paschinka so etwas antun wollen. Ich habe ihn doch erst vor dem Ertrinken gerettet«, antwortet Tim. »Warum sollte ich ihn dann heute aussetzen?«
»Wie, du hast ihn gerettet?«, möchte Antony genauer wissen.
»Vor ein paar Tagen zog ich einen Sack aus dem Bach. Er war fest zugeschnürt und irgendetwas zuckte darin. Ich fand vier kleine Welpen vor, einer lebte noch. Ich nahm ihn mit nach Hause.«
»Wow!«, ist Antony erstaunt. »Das war ja eine lobenswerte Tat von dir. Gut, dann bist du ja ein richtiger Held.«
»Wann kann ich denn nun meinen Paschinka wiederhaben?«, möchte Tim wissen. »Ich will ihn sehen! Wo habt ihr ihn versteckt?«
»Dein Hund ist an einem sicheren Ort, dort fehlt es ihm an nichts«, beruhigt ihn Antony. »Er war sehr verängstigt, als ich ihn fand. Davon muss er sich nun erst noch erholen. Der Weg ist weit dorthin, wo Paschinka jetzt ist. Es wäre bereits Nacht, ehe wir da sind.«
»Aber er gehört doch jetzt mir«, widerspricht der Junge.
»Nun ja, der kleine Hund ist viel zu früh von seiner Mutter getrennt worden. Er hätte von ihr noch eine Menge lernen müssen. Das lernt er nun am besten unter seinesgleichen, also bei meinen Freunden und mir. Ich werde erst einmal die Rolle der Pflegeeltern übernehmen. In ein paar Wochen kannst du ihn dann zurückhaben«, gibt Antony zu verstehen. »Fahre nun besser nach Hause und komme morgen Nachmittag wieder hierher. Dann wirst du ihn sehen können.«
»Gut, ja, das werde ich«, stimmt Tim zu.
»Sprich aber mit niemandem über das Erlebte hier. Dieses Treffen ist unser Geheimnis. Nur dann wirst du in der Lage sein, Paschinka und mich wiederzusehen«, erbittet Antony von dem Jungen. »Das musst du mir schwören!«
»Ich verspreche es dir!«, sagt Tim zu.
»Ein Versprechen reicht nicht. Du musst es richtig schwören, mit einem richtigen Zauberschwur, einem Morgelschwur am besten!«, verlangt Antony.
»Einem Morgelschwur? Wie lautet der?«, fragt Tim.
»Höre erst einmal gut zu und sprich mir dann nach: ›Ich schwöre beim Morgel, niemandem von diesem Treffen und von einem Zauberhund zu berichten, anderenfalls sehe ich Paschinka nie wieder!‹ Dabei hebst du die linke Hand«, fordert Antony ihn auf.
Der Junge wiederholt den Schwur und folgt den Anweisungen des Terriers: »Ich schwöre beim Morgel, niemandem von diesem Treffen und von einem Zauberhund zu berichten, anderenfalls sehe ich Paschinka nie wieder!«
»Das hast du gut gemacht. Halte dich an den Schwur und fahre nun nach Hause«, empfiehlt Antony.
»Was ist ein Morgel?«, möchte Tim wissen.
»Ein Morgel ist …«, schnell noch überlegt sich der Zauberhund eine Ausrede, »ein Pilz! Hast du noch nie etwas von Morcheln gehört.«
»Ich habe auf eine Morchel geschworen?«, fragt Tim verblüfft nach.

Als der Junge sich umschaut, ist der Zauberhund verschwunden, so, als hätte er sich in Luft aufgelöst. Der hat wohl nicht mehr alle Latten am Zaun, denkt sich Tim, schnappt sein Rad und trottet verwirrt davon.
Eine ganze Weile schaut Antony dem Jungen noch nach. Irgendetwas stimmt mit dem Menschenkind nicht. Hoffentlich hält sich Tim an den Schwur, geht es dem Zauberhund durch den Kopf.

Neue Freunde und ein sicheres Heim für Paschinka

Der kleine Paschinka hat sich unterdessen tüchtig den Bauch vollgeschlagen. So viel wie heute wurde ihm noch nie auf einmal aufgetischt.
Zuvor durften die Mäuse Mio und Pio den süßen Welpen in ihrer Mäusebadewanne von oben bis unten schrubben und danach trocken rubbeln. Paschinkas Fell wurde gestutzt und getrimmt, sodass es nun wieder schlohweiß strahlt. Seine runden, schwarzen Knopfaugen sind einfach nur zum Verlieben. Auch die Fußnägel wurden gekürzt und die Ohrmuscheln gründlich geputzt.
Von nun an darf Paschinka zusammen mit dem Rehkitz und Antony beim Morgel in dem großen Himmelbett schlafen. Neben dem Sekretär wurde extra für ihn noch eine Kuschelecke hergerichtet.

Wie zu erwarten war, ist der kleine Findling an diesem Abend das Gesprächsthema Nummer eins unter den Mitbewohnern der Wurzelhöhle.
»Ist das ein süßer Fratz«, frohlockt Esmeralda, die Kreuzspinne, »aber er schaute ein wenig ängstlich, als er mich sah. Klipp-klapp!«
»Und er hat ein hübsches Ringelschwänzchen«, ist Wilma, die Wildschweinbache, entzückt. »Es ist ja kringeliger als bei meiner Molli.«
»So ein Gewese um den Neuen«, murrt Molch Adalbert dazwischen. »Muss hier jeden Abend so ein Tumult sein?«
»Der Neue hat mehr durchgemacht in seinem kurzen Leben als manch anderer hier. Paschinka ist ein tapferes Kerlchen«, spricht Antony.
»Das ist er. Der Kleine sieht doch recht kräftig aus und einen Mordsappetit hatte er auch«, stellt der Waldkauz fest. »Der wird sich schon behaupten im Leben. Da bin ich mir sicher. So aufgeweckt, wie der ist.«
»Genau, Schröder!«, gibt Antony ihm recht. »Hallo Paschinka! Wie ich sehe, geht es dir hervorragend hier bei uns.«
»Ja, hier ist es echt toll«, freut sich der kleine Welpe. »Hast du meinen Tim getroffen?«
»Das habe ich«, antwortet Antony. »Wir beide müssen unbedingt miteinander sprechen.« Er schnappt den Welpen im Nacken, bittet den Morgel herbei und die drei verschwinden flugs in der Koboldstube. Dort berichtet Antony den beiden über das wundersame Treffen mit Tim im Birkenwäldchen und über das, was der Junge ihm so alles erzählt hat.

»Das wirft natürlich ein ganz anderes Licht auf den Jungen«, stellt Morgel fest. »So ein Lümmel, wie wir anfangs dachten, scheint er nicht zu sein. Wir werden also abwarten, wie sich die Sache entwickelt und ob Tim das Geheimnis um den Zauberhund für sich behalten kann. Besteht er diese Prüfung, können wir darüber nachdenken, ob Paschinka wieder zu ihm zurückkehren kann. Aber nur, wenn unser Paschinka das auch will!«
»Ja, ich vermisse meinen Tim sehr«, antwortet der Welpe. »Er war immer so gut zu mir und für sein Verschwinden konnte er ja offenbar nichts.«
»Also ich bin da skeptisch«, spricht Antony. »Den Jungen scheinen noch ganz andere Sorgen zu plagen. Wir werden ja sehen.«
»Halte nur jeden Tag Ausschau nach ihm am Birkenwäldchen«, gibt Morgel zu verstehen. »Es kann ja sein, dass er unsere Hilfe braucht.«
»Das werde ich«, stimmt Antony zu. »Du kannst dich auf mich verlassen!«
»Dann bringe unseren Kleinen zu Bett«, fordert der Kobold Antony auf. »Wir sollten den aufregenden Tag bei diesem warmen Wetter vor der Wurzelhöhle direkt unter dem sagenhaften Sternenhimmel ausklingen lassen. Gute Nacht Paschinka! Schlaf gut, und träume etwas Schönes.«

Ende!

Ob Paschinka in der Gemeinschaft seinen Platz findet, was dem jungen Tim tatsächlich widerfahren ist, wem Tim unverhofft begegnet und ob er seinen Hundewelpen jemals wiedersehen wird, erfährst Du in der nächsten Geschichte. Bleib voller Neugier!

Kleine Reihe: Das Waisenkind
Fortsetzung in: Morgel und die Waldfee

Erfahre mehr über die Figuren, Dinge und Orte in den Morgelgeschichten.
Erfahre mehr über den Autor und Illustrator der Morgelgeschichten.

Bitte bewerten Sie diese Geschichte:

Klicken Sie auf einen Stern, um eine Bewertung abzugeben.

Durchschnittliche Bewertung. 5 / 5. Stimmenzahl: 52

Bisher keine Stimmen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

3 Kommentare:

  1. Ingeborg Löffler

    Lieblich und modern.
    Ein wirklich schönes, modernes Märchen. Es ist einfach geschrieben. Verschiedene Themen werden behandelt: das Aussetzen von Hunden, das Mobben eines Kindes im Kinderheim und etwas Sagenhaftes rund um die Region im Thüringer Wald.

  2. Keine Schlachten, kein Blut, keine Intrigen.

    Einfach nur eine friedliche, heile Welt, die der Autor nach eigenen Angaben mit dem Ort Komstkochsteich verbindet. Wer also eine friedliche und heile Welt sucht, die oder der wird sie dort finden. Den Teich gibt es wirklich. Er liegt unweit der Ortschaften Bad Tabarz, Friedrichroda und Waltershausen am Rande des nördlichen Thüringer Waldes zwischen Gotha und Eisenach. Ich selbst war noch nie dort, aber das werde ich alsbald nachholen.
    Mir sind beim Lesen in der Tat wunderschöne Bilder im Kopf entstanden. Dem Autor ist es gelungen, einfühlsame Beschreibungen der Landschaft und der Figuren zu liefern. Die Dialoge zwischen den Akteuren sind fast Trickfilmreif. Die Sprache ist einfach gehalten und folgt keinen kindlich-jugendlichen Trends. Auf Anglizismen wurde verzichtet.
    Ich habe mir allerdings erlaubt, erst Teil 3 der Morgelgeschichten zu lesen, bevor ich mir Teil 2 zu Gemüte geführt habe. Damit habe ich allerdings den Spannungsbogen, der sich ab der zweiten Hälfte des zweiten Teiles aufbaut und dann in der nächsten Morgelgeschichte seinen Höhepunkt findet, etwas abgeflacht. Die Handlung beider Teile wird durch einen Perspektivwechsel deutlicher.
    Gut gemacht!

  3. Ingeborg Löffler

    Lieber Jens.
    Das ist eine wirklich schöne Geschichte. Ich freue mich schon auf die Nächste. Weiter so! 5 Sterne von mir.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert