
Autor: Jens K. Carl
Illustrationen: Jens K. Carl (KI-generiert unter Zuhilfenahme von Microsoft Copilot Pro).
Altersempfehlung: ab 5 Jahren.
Kleine Reihe: Zirkuswelt.
Fortsetzung von: Morgel und der kleine Zirkusbär.
Diese Morgelgeschichte widme ich dem Alternativen Bärenpark in Worbis und dem Wildkatzendorf in Hütscheroda.
Morgel und der Möchtegernzauberer»Das Telefon klingelt«, ruft Nicole, die neue Tierarzthelferin, welche seit gut zwei Wochen in der Praxis des Herrn Doktor Freund aushilft. Zügig packt der Tierarzt seine antik anmutende Arzttasche zusammen, schnappt seinen Mantel, den Hut und macht sich auf den Weg zum Zirkus. Eine unerwartete BegegnungEs dämmert bereits, als er mit seinem Trabant-Kombi auf dem Rummelplatz ankommt. Erste Regentropfen prasseln hernieder. Die Scheibenwischer versagen ihren Dienst. Es stürmt. Blätter fliegen ringsumher, Äste, ganze Sträucher. Das Rauschen der umstehenden Pappeln ist ohrenbetäubend. Das rhythmische Wiegen der Baumkronen verheißt nichts Gutes. |
Hier und da wuseln Zirkusarbeiter aufgeregt umher und mühen sich ab, das Zirkuszelt aufzubauen. Gar nicht so einfach, wenn einem der Wind heftig um die Nase weht, geht es dem Doktor durch den Kopf. Andere wiederum rangieren pitschnass einen Wohnwagen hin und her. Wieder andere warten paffend den Regenschauer ab, um dann Holzbänke und Barrieren für die Manege aus einem klapprigen Materialwagen ausladen zu können.
Der heftige Schauer ist fix vorüber, so schnell, wie er gekommen war. Sachte steigt der Tierarzt aus dem Wagen aus und tänzelt gekonnt um die Pfützen herum, hinüber zum Zirkuszelt der Tiere, welches abseits gelegen ist. In einer Box gleich neben dem Eingang steht ein elegant anmutender Schimmelhengst mit prunkvoll geflochtener Mähne. Er blubbert leise vor sich hin, als er den Fremden kommen sieht. »Du bist ja ein Hübscher. Wie heißt du?«, fragt der Doktor, als er sich dem Pferd behutsam nähert und an seiner Hand schnuppern lässt. |
Nebenan frisst ein junger Esel Hafer und Weizenkleie aus einem alten Plasteeimer und ein in die Jahre gekommener Haflinger schaut ihm seelenruhig dabei zu. »Und wie heißt ihr beiden?«, fragt der Doktor. »Das ist Bill, unser Frührentner. Er lahmt seit Kurzem und spricht nicht mehr. Der kleine, schüchterne Graupelz heißt Nils«, antwortet Tristan. »Na, du hast aber einen gesunden Appetit«, streicht der Tierarzt dem Esel über den Rücken, »das ist immer ein gutes Zeichen. Zeig mir mal deinen linken Huf, Bill. Der fühlt sich recht warm an und geschwollen ist er auch. Da müssen wir bald etwas tun.« Der kleine Esel versteckt sich nun hinter Tristan. Ihm ist der sonderbare Fremde nicht geheuer. Eine Box weiter motzen fortwährend zwei Ziegenböcke lautstark umher. Gleich hinter einem großen Heuhaufen leckt eine Alpakadame ihr Jungtier ab, welches sie vor wenigen Augenblicken geboren hat. Unsicher taumelt das kleine Fohlen umher und versucht, schnellstmöglich auf die Beine zu kommen. |
»Das hast du gut gemacht«, lobt Doktor Freund das Muttertier. »Wie soll es heißen? Hast du schon einen Namen?« »Es ist ein er. Ich werde ihn Gian nennen«, antwortet die Alpakadame, »ganz nach seinem Großvater.« »Ein schöner Name. Und wie heißt du?« »Killari, das bedeutet dort, wo ich herkomme, Mondlicht.« »Wunderbar! Dann will ich euch nicht weiter stören. Mit dem Kleinen ist alles in Ordnung. Er benötigt jetzt viel Ruhe und seine Milch«, freut sich der Doktor. »Dann will ich mal noch nach dem Dickhäuter schauen.« Halbblind tänzelt eine alte Elefantendame auf der Stelle und schwingt ihren Rüssel hin und her. Eine schwere Eisenkette hindert sie daran, umherzulaufen. Ihre Haut ist von tiefen Furchen durchzogen und an manchen Stellen schorfig. Vorsichtig schleicht der Tierarzt zwischen den Anhängern umher. Aus einem hört er ein lautes Schnarchen, welches immer wieder von Seufzern und krächzenden Hustenanfällen unterbrochen wird. Behutsam hebt der Doktor das Verdeck des Anhängers an. In einem rostigen Käfig liegt ein großes, braunes Etwas und schlummert vor sich hin. Das Tier erwacht und verkriecht sich verängstigt in die hinterste Ecke des Käfigs. »Brrrö!«, knurrt es leise vor sich hin. |
Ihr Fell ist an einigen Stellen ergraut. Mancherorts fehlt es ganz und gar. Am Po und auf dem Rücken klaffen offene Wunden und die Fußsohlen sind rissig und mit Schorf übersät. Um den Hals trägt sie ein viel zu enges Lederhalsband. Die Augen sind blutunterlaufen und ihre Lider entzündet. Einige Zähne fehlen und unentwegt läuft Sabber aus ihrem Maul. Sie müffelt fürchterlich.
Der Doktor schaut sich weiter um. An den Planken des Anhängers kleben zerfetzte Werbeplakate. Sie zeigen das Zirkusleben zu früheren Zeiten. Auf einem Bild entdeckt er eine glücklich dreinschauende Bärenfamilie. Der kleine Bär, in deren Mitte, kommt ihm irgendwie bekannt vor, hat er doch einen winzigen, schwarzen Fleck unter dem linken Auge. Momentan fehlt ihm jedoch jegliche Erinnerung. »Du verstehst mich also … dir hat man offenbar übel mitgespielt«, muss der Tierarzt feststellen. »Rücke näher und lass mich bitte deine Wunden versorgen. Wie ist dein Name?« Was mache ich bloß? Sage ich es ihr? Einen Augenblick lang denkt der Doktor nach, doch dann platzt es aus ihm heraus: »Dinco geht es gut. Er lebt … bleibe wach! Hörst du!«, stupst der Arzt gegen ihren Arm. »Er wohnt im Morgelwald und ist putzmunter.« Unbemerkt von den beiden schleicht sich ein putziges Mauswiesel heran und belauscht das sonderbare Gespräch. Es ist Enno, ein pfiffiges Kerlchen, gerissen, schlau und nicht immer ganz ehrlich. Ein Zögling des Zirkusdirektors. Für eine Leckerei würde dieser sogar seine Großmutter verraten. Und so kommt es, dass Enno sogleich dem dickbäuchigen Mann mit strähnigem, fettigem, schwarz gelocktem Haar Bericht erstattet. »Signor Rossini, ich bin es«, flüstert Enno durch die Tür des pompösen Wohnwagens. »Da macht sich ein Fremder an Dana ran.« |
»Ein Fremder?«, fragt der Zirkusdirektor nach, als er mit einem heftigen Schlag die schmale Wagentür aufknallt. »Was sagst du da?« »Sie sprechen miteinander über Dinco«, berichtet der kleine Marder. »Dinco? Der Fremde spricht mit ihr?«, ist Rossini erstaunt. Dachte er doch, dass er der Einzige auf der großen, weiten Welt wäre, der die Gabe hat, mit Tieren sprechen zu können. »Na warte, niemand redet ungestraft mit meiner Bärin. Nun bekommen wir Dinco, den kleinen Hosenscheißer, zurück. Ich wusste doch, dass sich dieser Lümmel hier irgendwo herumtreiben muss.« »Ein Leckerli, bitte«, fleht Enno. »Bekomme ich dafür ein Leckerli?« »Hier, nimm schon«, brummt Rossini und hält dem Wiesel ein paar Brocken Trockenfutter hin. »Das muss ich mir sofort anschauen.« Mit Mühe schiebt er eilig seinen dicken Bauch durch die schmale Wohnwagentür. Mit Karacho schnippt einer der goldfarbenen Knöpfe seiner schmucken Uniformjacke im hohen Bogen davon. Enno grient vor sich hin. »Verflixt, suche das Ding!«, ruft er dem Wiesel zu und eilt zum Materialwagen hinüber. |
»Pssst! Sprich leise. Da macht sich ein Witzbold an die alte Bärin ran«, antwortet der Zirkusdirektor. »Wenn ich den erwische!« »Was will er von ihr?« »Keine Ahnung! Das will ich ja herausfinden«, flüstert Rossini. »Da komme ich mit«, stolpert Salbustini hinterher, »als dein Beschützer oder so.« »Was machen sie hier?«, will der Direktor wissen, als er an den Anhänger herantritt und die Plane schlagartig zur Seite reißt. »Wer sind sie und wie sind sie hier hineingekommen? Das ist Privatbesitz. Ich rufe die Polizei, wenn sie nicht sofort verschwinden.« Das ist eine harte Nuss, dieser Doktor. Da muss ich mir etwas einfallen lassen, um den zu knacken, geht es Rossini durch den Kopf. Wieso kann der mit den Tieren sprechen? Der Doktor verarztet notdürftig Danas Wunden und verspricht ihr, bald wiederzukommen. Kaum, dass er fertig ist, schleicht er sich davon und macht sich sogleich auf den Weg in den Morgelwald, um dem Waldkobold Morgel von seiner Entdeckung zu berichten. Eine flinke Befreiungsaktion»Morgel! Morgel!«, ruft der Tierarzt schon von Weitem. »Dincos Zirkus ist in der Stadt.« »Das möchte ich auch können, dann wäre ich noch flotter bei meinen Patienten. Schneller, als die Polizei erlaubt«, ist der Tierarzt von dem rasanten Manöver überwältigt. Während Morgel unbemerkt von Anhänger zu Anhänger und von Wohnwagen zu Wohnwagen koboldiert, durchsucht der Doktor das Zelt der Tiere. Hinter einem riesigen Heuhaufen versteckt, findet er den zerbeulten Käfig. Dana schläft. Unentwegt murmelt sie »Dinco, mein kleiner Dinco« vor sich hin. Ihre Wunden bluten unter dem neuen Verband. »Du hast sie gefunden«, freut sich der Kobold. »Das also ist Dana. Ach herrje, die Ärmste sieht schrecklich lädiert aus.« |
»Hast du das gesehen?«, schaut Rossini verdutzt und schubst mit dem Fuß die Heuballen hin und her. »Die Bärin ist geradewegs vor unseren Augen verschwunden. Und mit ihr dieser nervige Doktor. Einfach so. Wie ist das möglich? Die waren doch eben noch hier. Träume ich?« »Der Käfig ist leer«, bestätigt der Zirkuszauberer. »Das muss echte Zauberei sein. Na warte, die sollen etwas erleben.« »Du immer mit dieser dummen Rumzauberei. Du bist ja richtig besessen davon«, fuchtelt der Zirkusdirektor genervt umher und schnappt Salbustini am Kragen. »Du schaffst sie wieder herbei, egal wie. Von mir aus auch mit deiner dusseligen Zauberei. Hast du das verstanden?« »Klar doch, Direx«, stammelt der Zauberkünstler und reißt sich wieder los. »Die Bärin ist schon so gut wie verkauft. Der Leimsieder kommt sie morgen Abend holen. Platzt das Geschäft, ziehe ich dich persönlich zur Rechenschaft. Dann schaffst du mir die entgangene Kohle herbei.« Derweil sind Morgel und der Doktor mitsamt der Bärin zur Wurzelhöhle zurückgekehrt. Das Rehkitz und der Lehrer Dachs haben geschwind ein kuscheliges Krankenbett für Dana vorbereitet. Morgel und der Tierarzt helfen ihr, sich hinzulegen. »Danke sehr, ihr seid so gut zu mir.« |
»Mon dieu! Die Ärmste. Ich werde ihr eine kräftige Suppe zubereiten«, verspricht Gaston, der eifrige Wurzelhöhlenkoch.
»Dann mache ich mich mal auf die Suche nach Dinco«, schlägt Morgel vor. »Es ist besser, ich bringe ihm schonend bei, was gerade passiert ist, als dass er es von jemandem anderen hört. Du weißt ja, wie hitzköpfig er sein kann.« Eine besondere NachrichtMorgel muss nicht lange suchen, um den kleinen Bären zu finden. Dinco hat es sich, wie so oft, an dem morschen Eichenstamm gemütlich gemacht, der in der Nähe des Fuchsloches vor sich hinmodert. In einem der Astlöcher hat sich ein emsiges Wildbienenvolk sein Zuhause eingerichtet und zieht dort die Brut auf. Bisweilen sind die Bienen so fleißig und haben so viel von dem süßen Nektar eingesammelt, dass sie dem Schleckermaul Dinco allzu gern etwas abgeben wollen. »Summ-summ! Pass auf, ich spritze dir einen Schwapp honigsüßen Blubbersaft direkt auf deine Zunge«, ruft Malinka4557, eine mutige, schlaue und abenteuerlustige Arbeitsbiene, mit blauem Basecap und Halstuch, Dinco zu. »Mach den Mund weit auf.« |
»Mmh, vorzüglich«, murmelt der kleine Bär. »Heute wart ihr auf der Kräuterwiese unterwegs. Hopphopp!« »Wie kommst du darauf?«, möchte die Biene wissen und schwirrt um Dincos Kopf herum. »Das schmeckt heute alles so kräuterlich gut«, antwortet Dinco. »Hopphopp!« »Was trödelst du da so herum, Malinka4557?«, ruft eine Arbeitsbienenaufseherin, mit rotem Basecap, ihr von Weitem zu. »Die Brut füttert sich nicht von allein.« »Du hast wie immer recht. Nun ja, ich muss weitermachen«, summt das Arbeitsbienchen und fliegt eilig ins Astloch hinein. »Hier bist du, mein Lieber. Das hätte ich mir ja gleich denken können«, ruft Morgel Dinco zu. »Wir müssen reden.« |
»Ja genau, mit Frieden, Freundschaft und Unsterblichkeit und so«, bestätigt der Waldkobold und lächelt den jungen Bären dabei an. Dinco überlegt wenige Sekunden, reibt sich die Nase und ruft: »Das wäre so überirdisch fantastisch. Hopphopp!« Freudig tänzelt er singend im Kreis herum. »Wo muss ich unterschreiben? Hopphopp! Wo muss ich unterschreiben? Hopphopp!« »Das ist ein Zeremoniell, da brauchst du nichts zu unterschreiben«, wirft Morgel ein. »Du musst es einfach nur wollen. Den Rest macht der Ältestenrat.« Nach einer kurzen Pause fügt er noch hinzu: »Ich möchte gern etwas mehr über deine Familie erfahren. Wie war die so? Kannst du dich noch an sie erinnern?« »Na klar doch! Vati war ein großer, mutiger Bär. Er war mein Vorbild, ich habe viel von ihm gelernt. Vor über zwei Jahren ist er bei einem Unfall in der Manege gestorben. Das war sehr traurig. Und Mutti? Hopphopp!«, überlegt Dinco. »Sie war sooooo lieb zu mir. Sie fehlt mir sehr. Ich vermisse sie beide.« Eine dicke Träne kullert an seiner behaarten Wange herunter. Er schluchzt. »Sie haben, glaube ich … Quatsch, nein, ich weiß es … sie haben wohl immer nur das Allerbeste für mich gewollt.« »Ah ja, da bin ich mir sicher. Deine Mutti ist mir soeben sehr liebevoll begegnet«, bestätigt Morgel. »Nun ja. Hopphopp! So war sie«, murmelt Dinco leise vor sich hin. »Was hast du da gerade gesagt?«, schreckt der kleine Bär plötzlich hoch. »Ich bin Dana, deiner Mutti, soeben begegnet«, antwortet der Kobold. »Im Traum, oder wie?«, fragt Dinco verwirrt nach. »Nein, wahrhaftig. Ich kann dich beruhigen, deine Mutti lebt. Sie wartet auf dich in unserer Wurzelhöhle und möchte dich gerne wiedersehen.« »Du veräppelst mich doch«, schaut Dinco völlig entgeistert. »Treibe bitte keine Scherze mit mir.« »Aber, wenn ich es dir sage. Sie ist zwar sehr krank, aber sie lebt, mein Lieber.« Dinco wirkt plötzlich benommen. Ihm wird übel. Kalte und warme Schauer laufen zeitgleich über seinen Rücken. Sein Herz rast. Er schüttelt sich am ganzen Leib. »Aber sie hat sich doch nicht mehr gerührt. Sie sagte, es geht zu Ende. Ich soll gehen und frei sein«, flüstert Dinco irritiert vor sich hin. »Ich muss zu ihr!«, brüllt er den Morgel an und flitzt wie ein geölter Blitz los. »Jetzt! Sofort!«, schreit er von Weitem. Eine Sekunde später steht Morgel im Vorraum der Höhle. Plötzlich schlägt die Tür auf. »Mutti! Mutti!«, platzt Dinco ins Zimmer. »Du lebst!« Dinco klettert, so wie er es früher immer tat, auf ihren Bauch, und Dana nimmt ihren kleinen Sohn liebkosend in die Arme und drückt ihn fest an sich. Sie küsst jede Stelle seines Gesichtes. Immer und immer wieder. |
»Wie groß du geworden bist«, schluchzt die Bärin, während ihr eine Flut aus Freudentränen über die Wangen rinnt. »Ein richtiger Bär ist aus dir geworden, mein Kleiner.«
Dinco bekommt kein Wort heraus. Er kann es kaum fassen, seine geliebte Mutti wiederzuhaben. »Es ist herrlich, euch so vereint zu sehen. Ich wünsche euch beiden, dass ihr nie wieder getrennt leben müsst«, spricht der Kobold. »Lassen wir die beiden jetzt allein«, fordert er die umstehenden Mitbewohner auf, »ihr habt euch sicher viel zu erzählen.« Alle lachen. Eine Reise in die ZirkusweltGespannt warten die vielen Wurzelhöhlenbewohner, die Mäuse Mio und Pio, Gunther, der Specht, Wilma und ihre Frischlinge Ben, Ken und Molli, die Ricke Gertrud und das Rehkitz, Igel Stachel, ja sogar der mürrische Molch Adalbert, darauf, zu erfahren, wie es der Bärin bisher ergangen war. Sie möchten wissen, ob sich Dinco über diese tolle Überraschung gefreut hat. Und natürlich wollen sie alle zusammen beratschlagen, wie Dana hier im Morgelwald vor den Zirkusleuten geschützt werden kann. Den ganzen Nachmittag über schnattern, piepsen, grunzen und blöken die Tiere wild durcheinander. Sogar Lothar vom Hocksloch, der Lehrer Dachs, der Stockentenerpel Gustav und die Raben Clara und Constantin vom Baldrichstein haben sich noch hinzugesellt. Die Nachricht über die Ankunft der Bärin breitet sich wie ein Lauffeuer im gesamten Morgelwald aus. Selbst die überaus ängstliche Elster Gloria I. vom Heßwinkelhof hat die Neugier aus dem Reinhardsbrunner Märchenschloss hierher getrieben. Doktor Freund erzählt von der Arbeit und dem Leben beim Zirkus. Mio und Pio wollen unbedingt einmal bei einer solchen Vorführung dabei sein. Auch Gunther, der glaubt, sonst über alles Bescheid zu wissen, hat keinen Schimmer vom Zirkusleben. Nur Gaston, der kleine französische Koch, war mit seinem Frauchen früher einmal in Paris in der Manege und durfte dort Jongleuren, Clowns, Seiltänzern und Tierdressuren zuschauen. »Oh, mon dieu! Das war sehr lustig«, weiß das Meerschweinchen zu berichten. Daher beschließt Doktor Freund spontan, mit den Vieren an diesem Abend in die Vorstellung des Zirkusses zu gehen. Er zieht seinen Mantel an, steckt die beiden Mäuse Mio und Pio in die eine Manteltasche und Gaston in die andere. Gunther flattert hoch und schlüpft unter seinen Hut, in den der Doktor zuvor ein klitzekleines Guckloch hineingeschnitten hat. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg. |
Dort angekommen, parkt der Doktor mit seinem Trabant abseits des Rummelplatzes. »Wir müssen aufpassen, dass uns der Zirkusdirektor und sein Zauberer nicht entdecken. Also immer schön leise sein«, flüstert er den vieren zu. Mit einem Ruck schlägt er den Kragen des Mantels hoch und zieht den Hut tief ins Gesicht. Dann kauft der Doktor eine Eintrittskarte bei Madame Juliette am Kassenhäuschen und setzt sich hoch oben in die hinterste Bankreihe. »Hier hinten können wir doch gar nichts sehen«, piepsen Mio und Pio und klettern aus der Manteltasche, flitzen am Gebälk der Sitztribüne hinab und verstecken sich vorn zwischen den Begrenzungsblöcken zur Zirkusmanege im Sägemehl. Gaston macht es sich auf der Schulter des Mannes bequem und der Specht steckt seinen Kopf durchs Hutloch. Das Licht erlischt. Unter dem Zeltdach wird es zunehmend dunkler. Als Erstes galoppiert Tristan, der Schimmelhengst, einige Runden durch die Manege, während er von einem kleinen Mädchen im rosa Glitzerkleidchen an einer Longe geführt wird. Dann reitet ein junger, zierlicher Mann auf dessen Rücken, mal vorwärts, mal rückwärts sitzend, mal kopfstehend. Gleich danach tritt eine Akrobatenfamilie auf und vollführt am Reck und an einer Schaukel halsbrecherische Loopings. Ein anderer muskulöser Mann balanciert auf einem Hochseil entlang, welches unter dem Zeltdach gespannt ist. Bevor der auf allen Plakaten angepriesene, weltberühmte Magier seinen spektakulären Auftritt hat, treiben ein Clown, Toni und Freddy, die beiden Ziegenböcke, und Nils, der Esel, ihr Unwesen in der Manege. Mit allerlei Spielchen und Trara bringen sie das Publikum zum Lachen. Nun hat Salbustini, der große Zauberer, seinen Auftritt. Das Licht wird vollends gelöscht. |
Es ist zappenduster. Ein einziger Scheinwerfer ist auf den Magier gerichtet, als er mit vier Jonglierstäben, an deren Ende je eine Flamme lodert, die Manege betritt. Erstmals präsentiert er seinen prachtvoll geschwungenen Schnurrbart, den er tagsüber stets unter einem Bartschoner versteckt. Er ist ganz in Schwarz gekleidet. Frack, Lackschuhe, Zylinder. Als i-Tüpfelchen prangt eine rote Fliege auf seinem schlohweißen Hemd. Das Publikum raunt lautstark, als er beginnt, Feuer zu speien. Die Flammen schlagen hoch bis fast unter das Zeltdach. Eine Lady in einem purpurfarbenen Kleid assistiert ihm. Im Anschluss zaubert er ein weißes Kaninchen aus dem Hut und zieht sich meterweise bunte Tücher aus den Ärmeln und aus dem Kragen. Zu guter Letzt bittet er seine Assistentin, sich in eine längliche, schmale Kiste zu zwängen. An dem einen Ende schauen ihre knallroten Pumps heraus und am anderen der Kopf. Sie lächelt freudestrahlend ins Publikum, als Salbustini anschließend der Reihe nach, drei lange, geschwungene, messerscharfe Säbel durch sie hindurch stößt.
»Oje, ist die jetzt kaputt?«, fragt ein kleines Mädchen und vergräbt ihren Kopf heulend im Schoß der Mutter. »Quel ennui! Das ist so langweilig!«, schimpft Gaston. »Der will ein Magier sein? Ich sage ja, alles nur Hokuspokus.« Morgel lässt die vier antreten und drückt die Wurzelhöhlentaste auf seinem Tastending. Der Doktor bleibt allein zurück und macht sich auf den Heimweg. Eine ernst gemeinte DrohungEnno hat alles mitangehört und ist verblüfft, als die Tiere plötzlich, wie vom Erdboden verschluckt, verschwunden sind. Sogleich holt er den Zirkusdirektor herbei. »Halt!«, ruft eine Stimme aus einer dunklen Ecke. »Hey! Bleib mal stehen, Herr Tierarzt. Wohin so eilig?« |
»Lassen sie mich sofort wieder los, Salbustini! Das werde ich euch beiden bestimmt nicht sagen. Es ist Tierquälerei, so wie ihr die Bärin gehalten habt.« »Dann bleibt uns nichts anderes übrig, als die Polizei einzuschalten«, ruft der Zirkusdirektor ihm zu. »Sie sind ein Dieb, Herr Tierarzt und sie halten zwei gefährliche Bären irgendwo versteckt. Das sieht nicht gut aus für sie. Uns wird man eher glauben.« »Damit kommt ihr beiden nicht durch«, wehrt sich der Doktor und stößt den Zauberer von sich. »Das werden wir ja sehen«, droht Salbustini. »Wir sind zu allem entschlossen. Entweder wir erhalten die Bären zurück oder sie schieben einen großen Batzen Zaster rüber, wenn ihnen ihr Leben lieb ist.« Freund richtet seinen Mantel, stellt den Kragen hoch, schiebt den Hut tief ins Gesicht und macht einen Vorschlag, um schnell hier wegzukommen: »Ich werde sehen, was ich tun kann. Ich melde mich morgen wieder.« »Geht doch! Wir erwarten dich morgen Punkt zweiundzwanzig Uhr hier hinter dem Zirkuszelt«, mahnt Rossini. »Ade, mein lieber Herr Tierarzt. Wir wissen, wo du wohnst. Du Dieb!«, ruft Salbustini noch hinterher. Der Doktor macht sich kurz entschlossen auf den Weg in den Morgelwald. Immer wieder schaut er in den Rückspiegel, ob ihm auch niemand folgt. Nichtsahnend führt er jedoch einen blinden Passagier an Bord seines Trabanten mit. Obwohl Enno das Geruckel und Geschaukel beim Fahren nicht verträgt, hat er sich klammheimlich durch einen Fensterschlitz hineingeschlichen und unter dem Fahrersitz versteckt. »Auweia, mir wird voll übel«, flüstert er vor sich hin. »Was man nicht alles macht für den Boss.« Die letzten paar hundert Meter muss der Doktor zu Fuß zurücklegen, um zur Wurzelhöhle zu gelangen. Enno folgt ihm. Behutsam schleicht das Wiesel durchs Dickicht und hopst von Baum zu Baum, um nicht entdeckt zu werden. |
»Stopp! Wohin des Weges, Fremder?«, fragt Schröder und streckt ihm seinen rechten Flügel entgegen. Enno erschrickt und weicht blitzartig zurück. Im selben Augenblick blendet ihn ein heller Schein und der Tierarzt ist, wie vom Erdboden verschluckt, hinter den zwei Weißtannen verschwunden. »Solch ein Mist«, schimpft das Wiesel, »jetzt habe ich ihn verloren. Musst du dich auch direkt in den Weg stellen? Kannst du nicht woanders parken?« »Hrr-Hmm! Hrr-Hmm! Du stinkst wie ein Iltis«, räuspert sich Schröder. »Wer bist du und wo willst du hin?« »Ich darf doch wohl bitten. Ich bin ein Wiesel. Mein Name ist Enno«, ist er empört. »Und wer bist du?« »Das tut nichts zur Sache. Noch einmal, wo willst du hin?«, fragt der Kauz energisch nach. »Schon gut, schon gut, mein Lieber. Ich wollte nur die schöne frische Luft genießen, und dabei muss ich mich wohl ein klitzekleines bisschen verlaufen haben. Wo sind wir hier eigentlich?« »Ich zeige dir gerne einen Pfad aus dem Wald. Da geht es lang. Marsch, Marsch, wenn ich bitten darf!«, weist Schröder ihn mit ausgestrecktem Flügel an. »Und nicht wieder vom Weg abkommen«, ruft er noch hinterher. Unverrichteter Dinge muss Enno den Wald wieder verlassen. Auf dem Klostermühlenweg trifft er auf den Zirkusdirektor und seinen Zauberer. Die beiden konnten dem Tierarzt mit ihrem alten Volkswagen Käfer bis hierher zum Kinderheim folgen. Am Wegesrand finden sie nur noch dessen leeren Trabant vor. »Mist, jetzt haben wir ihn aus den Augen verloren, und nur, weil du mal wieder wie eine lahme Ente gefahren bist«, schimpft Rossini. Derweil hat Schröder die Luchsin Lava und Fuchs Lothar vom Hocksloch alarmiert. Die beiden sind der Fährte des Wiesels gefolgt und können so den Wortwechsel zwischen den dreien auf dem Waldweg belauschen. Mutig stellen sie sich den Streithälsen in den Weg und fauchen sie furchterregend an. |
»Besser, ihr geht wieder nach Hause«, fügt Lothar hinzu. »Wir wollen doch nicht, dass jemandem etwas passiert.« Rossini stockt der Atem. Enno klammert sich an dessen Bein. »Gut, gut! Wir gehen«, ist der Zirkusdirektor einverstanden und schleicht sachte rückwärts zurück zum Auto. »Kommt, wir fahren. Dann bis morgen zweiundzwanzig Uhr.« Geschwind steigen die drei ein. Salbustini schmeißt den Motor an, ein lauter Knall, und eilig braust die alte Klapperkiste davon. Zurück bleibt nur eine stinkende Abgaswolke. »Die konnten wir verscheuchen«, berichtet Lava, als die drei zur Wurzelhöhle zurückkehren. Eine irre AktionMio und Pio bekommen die ganze Nacht kein Auge zu. Sie zweifeln an den Beteuerungen des Waldkoboldes, etwas gegen die beiden Ganoven beim Zirkus zu unternehmen. Zusammen mit Gustav brüten sie einen tollkühnen Plan aus. Lautlos schleichen sich die drei in die Koboldstube und suchen klammheimlich in den Zauberbüchern nach einem passenden Spruch, um dem Zirkusdirektor und seinen Zauberer eins auswischen zu können. Und sie werden fündig. Draußen vor der Wurzelhöhle ruft Gustav: »Aufsitzen, ihr beiden! Wo müssen wir eigentlich hin? Kennt ihr den Weg?« |
»Wir fliegen!«, piepst Mio lautstark heraus. »Wir fliegen! Du hast es geschafft. Boah, ist das toll!« »Gustav, du bist der Größte«, ruft Pio der Stockente zu. »Du solltest aber dringend an Höhe gewinnen, mein Lieber, sonst streifen wir womöglich noch die Bäume. … Auweia, das wird knapp.« »Immer mit der Ruhe, wir schaffen das«, beruhigt Gustav die zwei, setzt zum Steigflug an und nimmt Kurs in Richtung Burgberg. »Haltet euch fest!« Die beiden Mäuse sind fasziniert von der grandiosen Aussicht. Es geht bergauf und bergab. Hindurch zwischen unzähligen Bäumen. Die vielen Lichter überall, das Schloss Tenneberg, die Stadtkirche und das Nikolaustor – all das haben sie noch nie von oben gesehen. Blitzschnell düsen die drei über die Dächer der Stadt hinweg. Hier und da wimmeln Menschen durch Straßen und Gassen. »Dort vorn muss es sein«, ruft Pio, als er das hell erleuchtete, rot und weiß gestreifte Zirkuszelt hinter dem Bahndamm entdeckt. Mit schweren Schritten stolziert Rossini in seinem Wagen auf und ab und murmelt seinen Eröffnungstext vor sich hin. Dann tritt er aus der Tür, stolpert die Treppe hinunter und marschiert schnurstracks auf das Zirkuszelt zu. Von dort sind wildes Geplapper, Geschrei und Blasmusik zu hören. Als der Direktor das Zelt betritt, spielt die Band einen Tusch. Das Publikum jubelt. »Los, auf geht es!«, piepst Mio. »Die Nachtvorstellung hat schon begonnen.« Dann ist es endlich so weit, mit großem Tamtam tritt Salbustini in die Manege. Die Massen toben, jubeln und stampfen mit den Füßen. Der Boden fängt an zu beben. »Denen scheint das alles zu gefallen«, flüstert Gustav. »Vielleicht ist der doch ein echter Zauberer? Womöglich verwandelt er uns zu Stein, wenn wir ihm in die Quere kommen?« »Tssapegfua, ebeil eteul«, ruft Salbustini plötzlich. »Hcielg edrew hci nie nehcninak sua med tuh nrebuaz.« Ein Tusch ertönt. Noch einer und noch einer. Mit einem Male plätschert Wasser aus den Posaunenkelchen. Mehr und mehr rinnt aus diesen heraus und spritzt im hohen Bogen von der Orchesterbühne in die Manege. Das Publikum lacht. Der Zauberer merkt nicht, dass er seine Worte rückwärts spricht. Für ihn hört sich alles ganz normal an. Nur eines wird ihm schlagartig klar, sein Zauber funktioniert nicht mehr. Mit großtuerischem Lächeln, wildem Gefuchtel und oberpeinlichen Sprüchen versucht er, die Situation zu überspielen. Aus allen Ritzen strömt Wasser in die Mitte des Zeltes. Unaufhaltsam steigt es an. Die Orchesterleute klatschen ihre Instrumente in die Ecke, klettern hektisch von der Bühne und eilen davon. |
Panik bricht aus unter den Menschen. Das Publikum springt kreischend auf. Hier und da fallen Leute zu Boden oder gestikulieren wild mit den Armen, um Halt zu finden.
Rossini ist bemüht, die Meute zu beruhigen. »Aber bleiben sie doch«, ruft er hinterher. »Sie bekommen alle etwas Geld zurück. An der Kasse gibt es Gutscheine, warme Getränke oder Eis am Stiel. So bleiben sie doch!« Dann entdeckt er die Übeltäter. »Schau nur, Salbustini, dort, das Federvieh und die zwei Ratten. Tue was! Mach sie zu Stein!« »Wir haben es geschafft! Wir haben es geschafft!«, hüpft Mio freudestrahlend umher. »Die sind erledigt.« Wie im Film läuft blitzschnell alles in umgekehrter Reihenfolge ab. Das Publikum kehrt plötzlich im Eiltempo auf seine Plätze zurück. Das Eis taut. Es wird mollig warm. Die Musiker flitzen rückwärts die Treppe zur Bühne hoch. So schnell, wie es gekommen war, plätschert das Pech hinauf in die Posaunen. Alles ist ruckzuck wieder trocken, als wäre nichts geschehen. Selbst Salbustini spricht völlig normal. Das weiße Häschen hoppelt flink in seinen Zylinder zurück. »Zeit, setze fort nun deine Reise, unbeirrt, dies wäre weise!«, ruft Regina im Anschluss. Zu guter Letzt dreht sie eine große Runde durchs Zirkuszelt und schwingt ihren Zauberstab hin und her. Ein greller Blitz und schon haben die Menschen das Erlebte abrupt vergessen. Alles ist wieder, wie es vorher war. Eine Zirkuswelt ohne TiereDie zwei Halunken allerdings, den Zirkusdirektor und seinen Möchtegernzauberer, hat die Waldfee absichtlich ausgelassen. Sie können sich nach wie vor an das Geschehene erinnern. Morgel und die Fee geben sich den beiden zu erkennen. »Ihr seht, was so alles passieren kann. Plötzlich ist man nicht mehr Herr der Lage«, spricht der Waldkobold. Die Musik beginnt zu spielen. Der Marsch – Einzug der Gladiatoren – ist zu hören. Angeführt von Tristan betreten die Zirkustiere im Gänsemarsch einer nach dem anderen die Manege und drehen einige Runden. Laska stellt sich auf ihre Hinterbeine und posaunt lautstark mit ihrem Rüssel. Killari präsentiert stolz dem Publikum ihr Neugeborenes. Bill humpelt unter Schmerzen ein letztes Mal durch die Arena. Nils, Freddy und Toni tollen wie immer wild umher und bringen die Leute zum Lachen. Die Zirkusleute stehen mit versteinerter Miene am Rand und schauen verwundert dem Treiben zu. Alles wirkt wie ein großes lustiges Fest, doch es ist eine Abschiedsvorstellung. Plötzlich verstummt die Musik. Die Zirkustiere versammeln sich um Tristan. Laska lässt vier laute Töne aus ihrem Rüssel erklingen. Das Publikum jubelt und staunt. Ein dreifacher Tusch verkündet das Ende der Vorstellung, und nach und nach verlassen die Leute das Zirkuszelt und gehen nach Hause. »Du hast verstanden, was Laska ausposaunt hat?«, fragt Morgel den Zirkusdirektor. |
»Alle?«, fragt Salbustini. »Das Wiesel auch?« »Ja, alle! Die Bären, die Alpakas, die Pferde, den Esel, die Ziegenböcke, einfach alle. Enno auch!«, betont Morgel. »Fortan keine Tiere mehr in der Manege! Im Gegenzug dürft ihr euren Zirkus behalten. Wenn nicht, kümmert sich die Polizei um euch.« »Die Polizei? Was hat die Polizei damit zu tun?«, fragt der Zirkusdirektor nach und jammert: »Wir sind erledigt. Wovon sollen wir nun leben?« »Ich bin auch noch da«, wirft der Zauberer ein. »Ich bin doch die Hauptattraktion. Der große Salbustini! Wozu brauchen wir Tiere?« »Ach, papperlapapp! Lerne du erst einmal richtig zaubern«, winkt Rossini ab. »Na gut, wenn die Tiere das so wollen und ich keinen Ärger bekomme, dann bin ich damit einverstanden. Nur lasst mir meinen Zirkus.« »Dann ist es also abgemacht!«, spricht der Kobold und streckt ihm die Hand entgegen. »Hand drauf!«, schlägt Rossini ein. »Wir werden euch weiter beobachten. Seid euch dessen gewiss«, warnt Morgel. »Stopp! Dann bleibt noch eines zu tun«, fügt Regina hinzu und blendet die beiden Fix mit ihrem Zauberstab. »Die werden sich doch noch an unsere Absprache erinnern?«, fragt Morgel die Fee. »Aber klar doch, diese Erinnerung habe ich dereneiner gelassen.« »Nun könnt ihr gehen. Wir haben noch etwas mit den Tieren zu besprechen«, beendet Morgel die Aussprache. »Hört, liebe Freunde! Mein Name ist Munk Orgu-Telas. Rossini gibt euch frei. Von nun an ist die Zeit der Qualen vorbei«, ruft er. »Ihr dürft künftig euren Lebensabend in Freiheit und unter unserem Schutz verbringen.« Eine rasant wachsende GemeinschaftVor der Wurzelhöhle werden die Neulinge freudig und jubelnd von den Bewohnern des Morgelwaldes erwartet. Alle sind zusammengekommen, um sie zu begrüßen. Sogar Eddy, der Otter, und seine Familie sind vom Otterbachsteich angereist. »Nun erst einmal zu euch dreien«, spricht Morgel. »Oh, zum Glück! Ich komme nicht zu spät«, freut sich der Tierarzt Doktor Freund, welcher japsend angerannt kommt. »Um nichts auf der Welt hätte ich das alles verpassen wollen.« »Hallo, liebe Leute. Mein Name ist Enno. Ich will aber viel lieber hier im Wald leben. Ich wollte schon immer mal im Wald wohnen. Darf ich?« |
»Wenn du das möchtest, sicher doch«, stimmt Esmeralda zu. »Dana und Dinco leben fortan auch hier im Wald.« »Na, ich weiß nicht, ob man dem trauen kann«, wirft Schröder ein. »Vertraut mir bitte. Ich werde mich bessern«, verspricht das Mauswiesel. »Versprochen!« »Dies ist das richtige Stichwort für mich. Ich habe Dinco auch etwas versprochen, und was ich verspreche, das halte ich auch«, meldet sich Morgel zu Wort. In diesem Moment tritt Dana vor die Tür der Wurzelhöhle. Plötzlich kehrt Ruhe ein. Von dem Jubel und Trubel ist sie erwacht. Pitschnass kehrt die Bärin zurück und nimmt ihren Dinco in die Arme. »Danke sehr, lieber Herr Doktor, dass sie meinem Sohn und mir das Leben gerettet haben. Wir stehen für immer in ihrer Schuld«, spricht Dana. »Wir wollen gerne ein Teil dieser wunderbaren Gemeinschaft sein. Es wäre uns eine Ehre.« Völlige Stille tritt ein. Der Kobold zieht wie immer seinen Zauberstab heraus und tippt den beiden Neulingen nacheinander auf die Stirn. |
»Ihr seid von nun an Gefährten der Gemeinschaft am Komstkochsteich«, spricht Morgel die Zauberformel. »Solange ihr das thüringische Land nicht verlasst, sei euch beiden ewiges Leben beschert. Die Gemeinschaft wird stets für euch sorgen, Frieden und Sicherheit bieten. Seid von Herzen willkommen!«
Jubelnd und tanzend liegen sich die vielen Tiere in den Armen. Auch die beiden Weißtannen sind entzückt und wedeln mit ihren Ästen hin und her. Sogar der mürrische Molch Adalbert steppt auf dem Kaminsims auf und ab. »Unsereiner sind noch nicht ganz fertig«, ruft die Waldfee die Waldbewohner zur Ordnung. »Der Ältestenrat hat noch eine Auszeichnung vorzunehmen.« Ende! Ob Enno seinen Platz in der Gemeinschaft findet und welches Abenteuer der junge Nils erleben darf, erfährst Du in einer der nächsten Morgelgeschichten, welche irgendwann für Dich hier erzählt werden. Bleib voller Neugier! |
Kleine Reihe: Zirkuswelt
Fortsetzung von: Morgel und der kleine Zirkusbär
Erfahre mehr über die Figuren, Dinge und Orte in den Morgelgeschichten.
Erfahre mehr über die Zaubersprüche in den Morgelgeschichten.
Erfahre mehr über den Autor und Illustrator der Morgelgeschichten.
Hier kannst du das E-Book im gutsortierten Buchhandel oder bei fast allen Online-Buchshops bestellen.
Überarbeitung des Textes und Neugestaltung der Illustrationen am 07.09.2025.
Ein guter Einstieg, macht Lust auf mehr. 😃
Wundervoll bildlich geschrieben, man fühlt sich mittendrin, auch für Lesemuffel geeignet.
Danke für die schöne Geschichte. Ich bin gespannt wie es weiter geht.
Super!
Die Geschichte hat mich gleich in ihren Bann gezogen. Schön geschrieben und so phantasievoll. Ich bin neugierig, wie es wohl weitergeht…
Sehr schöne Geschichte- so anschaulich…
Danke für die schönen Geschichten.
Pingback:Die Morgelgeschichten | Jens Karsten Carl